Die Ärztekammer spricht sich für eine verpflichtende Impfung mit einem möglichen Corona-Impfstoff aus. Gesundheitsminister Anschober ist dagegen, die Bundesländer sind gespalten. Die Apotheker wollen impfen.
Wie lange es dauern wird, bis ein Corona-Impfstoff vorliegt, ist noch offen. Optimisten rechnen frühestens mit Jahresende damit. Doch schon jetzt ist eine Diskussion über eine Impfpflicht ausgebrochen. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres hatte sich in einer Pressekonferenz für eine verpflichtende Impfung ausgesprochen. Am Donnerstag forderte auch Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery eine allgemeine Impfpflicht zum Schutz gegen das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2. Wenn künftig ein Serum gegen das Virus zur Verfügung stehe und sich manche Bürger dann der Impfung verweigerten, stellten sie ein hohes Risiko für ihre Mitbürger dar, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden könnten, warnte Montgomery. „Wir müssen deshalb möglichst viele Menschen impfen“, sagte er in deutschen Medien. Montgomery warnte auch davor, die weltweite Verteilung des Impfstoffes dem freien Markt zu überlassen. Um die Weltbevölkerung zu schützen, würden sieben Milliarden Impfdosen benötigt: „Das darf nicht der freie Markt regeln. Dazu brauchen wir eine internationale Regelung.“ Als erstes müssten die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie die Mitarbeiter in den Kliniken geimpft werden.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat sich am Mittwoch gegen eine Impfpflicht ausgesprochen, diese werde es nicht geben. „Meine Erwartung und Hoffnung ist, dass die Krise so manifest da ist, dass das auf freiwilliger Ebene auch erreichbar ist“, sagte der Gesundheitsminister. Der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) befürwortet dezidiert eine Impfpflicht. „Wie viel Leid und welch schwerwiegende Folgen diese Krankheit ausgelöst hat, haben wir in den letzten Wochen sehen müssen. Ich bin daher für eine verpflichtende Impfung, sobald ein sicherer und ausreichend getesteter Impfstoff zugelassen wird.“ Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hält hingegen nicht viel von einer Impfpflicht. Er wünscht sich Maßnahmen zur Aufklärung und zur Sensibilisierung der Eigenverantwortung. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) wiederum ist im Zweifelsfall für eine Impfpflicht, der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) dagegen. Er sei „zuversichtlich, dass die Bereitschaft zur freiwilligen Impfung angesichts der Erfahrungen der letzten Wochen hoch sein wird“, stellte auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) klar. „Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, ist auch eine Impfpflicht sinnvoll und notwendig.“ Im Wiener Rathaus hält man von einer Impfpflicht hingegen nicht viel. „Bevor man über Impfpflicht spricht, wäre es viel wichtiger die Service- und Qualitätsleistungen für das Impfen zu verbessern“, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Die Apothekerkammer erneuert das Angebot, dass künftig auch Apotheker impfen sollen. „Die Apothekerinnen und Apotheker stehen jedenfalls zur Verfügung. Der niederschwellige Zugang zu Impfungen, wie ihn die 1.400 österreichischen Apotheken mit ihren rund 400.000 täglichen Patientenkontakten bei entsprechendem politischen Willen bieten könnten, würde mit Sicherheit zu deutlich höheren Impfraten führen. Beispiele aus dem Ausland belegen dies eindrucksvoll“, erklärte Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. Generell sollte erreicht werden, dass sich die Menschen auf freiwilliger Basis impfen lassen. Es sei zu hoffen, dass die jetzige Krise viele Impfkritiker zu einem Umdenken veranlasse, dann bedürfe es der Diskussion über eine Impfpflicht gar nicht, sagte Kobinger. Die niedrigen Durchimpfungsraten in Österreich ließen sich auch ohne Impfpflicht steigern. Eine Polarisierung solle tunlichst vermieden werden. (rüm)