Um eine Streikwelle zu verhindern, müssten Politik und Ärzte sofort an einen Tisch, fordert die Ärztekammer. Doch die Politik gibt sich zurückhaltend.
Nach dem Streik in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring in Wien, weist die Ärztekammer den Vorwurf der Politik zurück, dass man die treibende Kraft im Hintergrund war. Gleichzeitig fordert die Ärztekammer allerdings in Reformgespräche eingebunden zu werden, um eine weitere Streikwelle zu verhindern. „Wenn die Führung des Wiener Gesundheitsverbunds sowie der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker wirklich der Ansicht sind, dass alle Forderungen der Streikenden bereits in Umsetzung oder erledigt sind, dann verharmlosen sie die Situation. Denn der Warnstreik war wichtig und richtig, denn es sieht nicht nach schnellen Verbesserungen aus“, sagt Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Für ihn ist es höchste Zeit, dass die Politik „mit dem Verharmlosen aufhört“ – und das nicht nur in Wien. „Wenn nicht jetzt ein Krisengipfel mit dem Bundesministerium, uns als Ärztekammer und anderen wichtigen Stakeholdern zustande kommt – wann denn dann?“, fragt sich Mayer. „Falls das nicht zustande kommt, befürchte ich, dass eine Streikwelle drohen könnte.“
Er verwies bei seinem Gesprächsangebot auf die am 147. ÖÄK-Kammertag vor einer Woche einstimmig verabschiedete Resolution mit konkreten Forderungen und Vorstellungen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft in Österreich. „Was wir dringend brauchen liegt offen am Tisch: Mehr Ressourcen für Prävention und Vorsorge, eine Digitalisierungsoffensive mit Lösungen, die auch funktionieren und Ärzte von unnötiger Bürokratie befreien – und vor allem eine effiziente Lenkung der Patientenströme nach dem Prinzip digital vor niedergelassen ambulant vor spitalsambulant vor stationär sowie mehr Geld im System und mehr Personal. Wir als Ärztekammer stehen auf dieser Basis jederzeit für konstruktive Gespräche bereit.“
Ein Gesprächsangebot an die Politik kommt auch aus Wien vom geschäftsführenden Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Obmann der Kurie angestellte Ärzte, Stefan Ferenci. Er ortet in einem ORF-Interview von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der mit 1. Juli Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist, Dialogbereitschaft. Kaiser will Kassenarztstellen attraktiveren und so auch Wahlärzt:innen dafür überzeugen. Er hoffe jedenfalls bei der Reform auf eine konstruktive Mitarbeit der Ärztekammer und setzte auf Dialog, sagte Kaiser am Samstag. Nachsatz: Geschehe das nicht, müssten die Landesverantwortlichen und die Gesundheitskasse eben die Entscheidungen treffen. „Ich glaube man muss dann Prioritäten setzen, wenn es partout nicht gehen kann“, sagt er angesprochen auf die Kritik der Ärztekammer. Die von Kaiser propagierte „Priorität einer Reform des niedergelassenen Kassenbereichs und der öffentlichen Spitäler durch Attraktivierung der dortigen Arbeitsbedingungen, ohne Einschränkungen für Wahlärztinnen und -ärzte“, sei ein neuer positiver Stil in der Debatte, sieht Ferenci dennoch Bewegung. (rüm)