Im Streit um die geplante Gesundheitsreform verschärft die Ärztekammer ihren Ton und warnt die Bevölkerung vor „Einschränkungen der Versorgung“.
Nach der außerordentlichen Sitzung der Bundeskurie niedergelassener Ärzt:innen der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) zur geplanten Gesundheitsreform am Mittwochabend gibt es nun weitere Aussagen zur Causa: Edgar Wutscher, der dritte Vizepräsident der ÖÄK und Bundeskurienobmann des niedergelassenen Bereichs, übt scharfe Kritik an den Plänen von Gesundheitsministerium und der Sozialversicherung. Er warnt vor einer drohenden Verschlechterung der Patient:innenversorgung. Er befürchtet eine Entmachtung der Ärztekammer und kritisiert die „Zwangsverpflichtung“ von Ärzt:innen sowie die geplante Wirkstoffverschreibung. Auch die Stellenplankompetenz, das Mitspracherecht bei der Gründung von Ambulatorien und die Mitsprache bei Gesamtverträgen sowie eine gesetzliche Codierungspflicht der Krankheitsbilder ihrer Patient:innen ab 2025 und eine E-Card- und ELGA-Pflicht für Wahlärzt:innen ab 2026 sind der Ärztekammer ein Dorn im Auge.
Die Standesvertretung überlegt laut Wutscher daher Schritte, die zu einer Auflösung des Gesamtvertrags mit der Kasse führen. Sollte der aktuelle Gesamtvertrag ohne Ersatz aufgelöst werden, könne das „auch heißen“, dass es zu einem vertragslosen Zustand kommt, meint Wutscher gegenüber der APA. Das würde bedeuten, dass Patient:innen die Behandlung oder Beratung bei Ärzt:innen erst selbst zahlen müssten. Der Betrag könnte dann zwar eingereicht werden, von der Krankenkasse bekomme man dann aber nur 80 Prozent des jeweiligen Kassentarifs zurück. Für Wutscher gibt es daher zwei Möglichkeiten: Entweder man bringe Sozialversicherung und Bund so wieder zu seriösen Gesprächen mit der Ärztekammer oder man müsse als Ärzt:innen selbst eine bestmögliche Versorgung auf die Beine stellen. Andere Formen von Protesten stellte er in Abrede: „Nein, Demonstrationen brauchen wir keine.“
Noch ist es aber nicht so weit, denn bei der ÖVP verweist man auf noch offene Verhandlungen mit den Grünen. „Die Gespräche innerhalb der Koalition laufen“, ließ Gesundheitssprecher Josef Smolle wissen. Bis es eine Lösung gibt, könne es sich noch hinziehen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) drängt allerdings auf einen schnellen Abschluss. Er möchte wegen der Verknüpfung mit dem Finanzausgleich das Gesetz ohne vorherige Begutachtung noch im November im Parlament einbringen, damit es im Dezember beschlossen werden kann. Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner kritisierte am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“ die Vorgangsweise der Kammer: „Ich finde das nicht in Ordnung, wie hier Angst geschürt wird und wie hier der Teufel an die Wand gemalt wird“, sagte er. (kagr/APA)