Die Österreichische Ärztekammer nutzt die aktuellen Koalitionsverhandlungen, um erneut Forderungen an die Politik zu stellen. Mehr Investitionen und weniger Sparmaßnahmen lautete das Credo.
Angesichts der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ und den bereits bekannt gewordenem Fokus auf eine Budgetsanierung meldete sich Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), zu Wort. Seine dringende Warnung: „Eine gute Gesundheitsversorgung darf und muss etwas kosten.” Sie müsse auf der politischen Prioritätenliste ganz nach oben und dürfe „auf keinen Fall unter die Räder der Sanierung des budgetären Milliardendefizits“ kommen. Es brauche Reformen und Anpassungen, keine Rückschritte, mahnte der ÖÄK-Präsident. Um die Versorgung und das System, das grundsätzlich „gut aufgestellt“ ist, weiter am Laufen zu halten, fordert die ÖÄK unter anderem 1.000 zusätzliche Kassenstellen für den niedergelassenen Bereich. Der Kassenbereich müsse wieder für Ärzt:innen als auch für Patient:innen attraktiv werden. Hier wünscht sich Steinhart mehr Engagement von der Österreichischen Gesundheitskasse, vor allem bezüglich des von der ÖÄK vorgeschlagenen Leistungskatalogs. Eine erneute Forderung ist außerdem die Medikamentenabgabe in Praxen im Sinne eines „One-Stop-Shops“.
Steinhart appellierte an die Koalitionsverhandler:innen, Wahlärzt:innen nicht einzuschränken, sie würden immerhin „schon lange“ die Versäumnisse des Kassensystems kompensieren. Zwangsmaßnahmen, ob sie nun Wahlärzt:innen oder Jungmediziner:innen – Stichwort verpflichtende Spitalsanstellungen –, seien nie gut und würden die Ärzt:innen nur verschrecken. Eine Maßnahme der scheidenden Regierung zwischen ÖVP und Grüne, nämlich das Modell der Patient:innenlenkung „digital vor ambulant vor stationär“, sieht Steinhart durchaus positiv. Der ÖÄK-Präsident wünscht sich, dass dieses Modell in Zukunft zum Tragen kommt. Eine Ambulanzgebühr einzuführen sei keine Kernforderung der ÖÄK, aber man müsse zumindest darüber reden können. Die Digitalisierung des Gesundheitssystems hätte „unfassbares Potenzial“, hier brauche es jetzt Investitionen für einen flächendeckenden Aufbau sowie den gleichzeitigen Abbau von Bürokratie.
„Das sind einige der Kriterien, an denen sich die Gesundheitspolitik einer künftigen Regierung messen lassen muss. Sehr gerne stellen wir den verhandelnden Parteien unsere Expertise zur Verfügung. Unsere Hand ist ausgestreckt“, betonte Steinhart abschließend. (kagr)