Ärztekammer hat 5 Forderungen an künftige Regierung

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Die Ärztekammer will bei den Koalitionsverhandlungen „sehr genau darauf achten und einfordern“, dass die Gesundheitspolitik den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht.

Die aktuellen Berichte um ein Milliardenloch im österreichischen Budget lassen ein erhebliches Sparpaket erwarten. Der Gesundheitsbereich sei jedoch kein Posten wie jeder andere. Weitere Einsparungen in einem System, das ohnehin seit Jahren durch Kostendämpfungspfade ausgehungert wird, hätten fatale Konsequenzen für Generationen: „Wir werden weiterhin Orientierungshilfe bieten, wohin im Gesundheitssystem der Weg führen muss und wo Sackgassen sind“, sagte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zu Wochenbeginn im Rahmen einer Pressekonferenz und präsentierte 5 Kernforderungen für die kommenden 5 Jahre.

„Zentral wäre etwa eine verbindliche Patientenlenkung – diese würde das System sofort entlasten und die Finanzierung wieder auf gesündere Beine stellen. Denn wenn Patientinnen und Patienten sofort zur für sie optimalen Versorgung gelangen, ist das nicht nur für sie besser. Wir vermeiden dadurch auch, dass Ressourcen vergeudet werden“, so Steinhart. Zudem müsse ein Paradigmenwechsel her: „Wenn wir verstärkt in Präventionsprogramme und die Steigerung von Gesundheitskompetenz investieren, sind das Ausgaben, die sich bezahlt machen.“

Im Wahlkampf ließen vor allem ÖVP und SPÖ mit Plänen aufhorchen, Ärzt:innen zum Dienst im öffentlichen Gesundheitssystem zwingen zu wollen. „Das ist für uns eine dunkelrote Linie,“, unterstrich Steinhart. Diese Überlegungen seien die völlige Selbstaufgabe politischen Gestaltungswillens. „Der einzig sinnvolle Weg, um Ärztinnen und Ärzte im Land und im solidarischen Gesundheitssystem zu behalten, ist, dass man ihnen in Krankenhäusern und in Kassenordinationen Rahmenbedingungen bietet, die international konkurrenzfähig sind“, betonte Steinhart. Gefordert seien ein Bürokratieabbau und Arbeitsmodelle, die der Lebensrealität entsprechen.

Sorge macht eine Konzernisierung des Systems. Der Verkauf der VAMED-Rehakliniken zeige, wie groß die Gefahr einer negativen Entwicklung für das österreichische Gesundheitssystem ist, sagte Steinhart: „Wir stehen für ein starkes und solidarisches Gesundheitssystem, für die bestmögliche Versorgung der Menschen und für die Freiberuflichkeit von Ärztinnen und Ärzten. Patientinnen und Patienten haben ein Recht darauf, dass sie einer Ärztin oder einem Arzt gegenüberstehen, für die oder den die oberste Prämisse die bestmögliche medizinische Behandlung ist. Und nicht die finanziellen Interessen eines Investors. Ärztinnen und Ärzte sollen nach medizinischen Kriterien behandeln, ohne Vorgaben von Betriebswirtin und Controllern befolgen zu müssen. Das bedeutet für uns: Freier Beruf.“

Lösungen brauche es auch für Lieferengpässe. „Auch in diesem Winter stehen uns wieder erhebliche Mängel in der Medikamentenversorgung bevor“, warnte Steinhart, der auch klare Antworten im Bereich Digitalisierung einfordert: „Unserer Gesellschaft ist noch gar nicht richtig bewusst, wie stark und grundlegend Künstliche Intelligenz und Maschinenlernen alle unsere Lebensbereiche, darunter auch die Medizin, beeinflussen werden. Als die Leistungserbringer im System sind wir es, die mit den neuen Technologien in der Medizin arbeiten, und es wird in der Zukunft noch wichtiger sein, dass die Ärzteschaft die KI-Entwicklungen in der Medizin mitgestaltet, um nicht einfach von Industrie-Interessen überrollt zu werden.“ (rüm)