Unter dem Titel „Offensive Gesundheit“ haben sich die Ärztekammer, Fachgewerkschaften und die Arbeiterkammer überraschend zu einer Initiative der Gesundheitsplayer zusammengeschlossen.
Die Zeiten als man sich als Vertragspartner in den Krankenkassen als Funktionäre (Gewerkschaft) und Leistungserbringer (Ärztekammer) nicht immer ganz harmonisch gegenüberstand sind offenbar vorbei: „Mehr von uns, besser für alle“ – mit diesem gemeinsamen Credo haben sich die Vertreter aus allen für die Gesundheitsversorgung relevanten Fachgewerkschaften sowie der Arbeiter- und der Ärztekammer zur neuen Initiative „Offensive Gesundheit“ zusammengeschlossen. Hauptziel der neuen Plattform sei die Aufrechterhaltung eines schlagkräftigen Gesundheits- und Pflegesystems. Dafür dringend notwendig seien bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, teilte das Netzwerk am Donnerstag mit. Dies müsse sich sowohl in einer adäquaten Personalausstattung, verbesserten Ausbildungsbedingungen und Gehaltsanpassungen ausdrücken. Die Initiative, die aus dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), den Gewerkschaften vida, GPA-djp, younion, GÖD sowie der Arbeiterkammer und der Ärztekammer für Wien besteht, fordert darüber hinaus bundesweit einheitliche Personalbedarfsberechnungsmethoden für alle Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.
Dritter Eckpfeiler der „Offensive Gesundheit“ ist auch eine Offensive in der Aus- und Weiterbildung, um mittel- und langfristig sicherstellen zu können, dass ausreichend Fachpersonal ausgebildet wird und die Patienten gut betreut werden können. Das sei auch „ein Problem, dass während der Corona-Krise durch die Abhängigkeit aus dem Ausland wieder ganz besonders sichtbar geworden ist“. Wolfgang Weismüller, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, sagt dazu: „Die Spitäler waren auch schon vor Corona stark belastet und kurz vor dem Kollaps, der schlussendlich nur durch die strengen Maßnahmen in der Gesellschaft abgewendet werden konnte.“ Es sei unverständlich, dass in Krankenhäusern zwar die Anzahl der Toiletten genau normiert ist, es aber gleichzeitig keine Vorgaben gebe, wie viel und welches Personal vor Ort sein muss, ergänzt Gerald Mjka, Vorsitzender des Fachbereichs Gesundheit in der Gewerkschaft vida.
Silvia Rosoli von der Arbeiterkammer Wien ortet die Notwendigkeit für zugkräftigere Zugänge zu den Ausbildungen: „Das eigene Geldbörserl darf kein Hindernis für Aus- und Weiterbildungen sein, egal ob für junge Leute oder für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Es braucht kostenfreie Lehrgänge, Schulen und Studien sowie die Absicherung des Lebensbedarfs während der Ausbildungsdauer. Die zukünftige Personalsicherheit im Gesundheitswesen und im Pflegesystem kann nur mittels attraktiver Ausbildungen und guter Arbeitsbedingungen gewährleistet werden.“ Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp ergänzt: „Wer eine Branche attraktivieren will, muss Gehälter erhöhen und Arbeitsbedingungen verbessern. Wer den Personalnotstand von morgen bekämpfen will, muss die Beschäftigten von heute wertschätzen und jetzt handeln.“
Corona habe die Grenzen des Gesundheitssystems aufgezeigt. Ziel müsse sein, dass bei der nächsten Pandemie die Gesellschaft und das öffentliche Leben nicht wieder zum Erliegen kommen, erklären die Vertreter der „Offensive Gesundheit“. Dafür benötige es nun für das Gesundheitssystem „Investitionen, Investitionen, Investitionen“. (rüm)