Laut einer Umfrage stehen drei Viertel der Wiener Spitalsärzt:innen unter Dauerbelastung. Die Wiener Ärztekammer schlägt Alarm, der Wiener Gesundheitsverbund relativiert.
Die Arbeitsbelastung sei bei 75 Prozent der Spitalsärzt:innen hoch bis sehr hoch, die Zufriedenheit mit dem Job auf einem „Rekordtief“. Weniger als ein Viertel der angestellten Ärzt:innen sei mit dem Arbeitsalltag zufrieden, nur elf Prozent gaben an, ihr Arbeitspensum ohne Überstunden zu schaffen, und ganze 25 Prozent der befragten Ärzt:innen könnten ihre gesetzlichen Ruhezeiten nicht einhalten. Das zeigt eine von der Ärztekammer Wien in Auftrag gegebene Umfrage. „Es heißt immer, dass die Ärzt:innen sich am Limit befinden, aber das tun wir nicht. Wir befinden uns schon darüber“, unterstreicht Stefan Ferenci, Kurienobmann des angestellten Bereichs der Ärztekammer Wien, die Ergebnisse der Umfrage. Im Rahmen der Online-Befragung, welche vom Institut Public Opinion Strategies durchgeführt wurde, wurden rund 1.900 in Wien angestellte Ärzt:innen zu Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastung befragt – 42 Prozent davon aus Spitälern des Wiener Gesundheitsverbundes (WiGev).
Von den Befragten war nur jede:r Fünfte mit dem Arbeitsalltag zufrieden bis sehr zufrieden, 16 Prozent gaben an, überhaupt nicht zufrieden zu sein. Die Ursachen: An erster Stelle lag der Personalmangel bei den Pflegekräften, an zweiter Stelle organisatorische beziehungsweise bürokratische Tätigkeiten und an dritter Stelle der Personalmangel unter Ärzt:innen. Ersteres empfanden 54 Prozent, Bürokratie und Ärzt:innenmangel jeweils 44 Prozent als „sehr belastend“. Diese Situation führe zu einer „hohen Unzufriedenheit bis hin zu Burnouts“, sagt Ferenci. Es sei nicht verwunderlich, dass sich Kolleg:innen nach anderen Jobs umsehen würden, außerdem steige durch die hohe Belastung auch die Fehleranfälligkeit bei der Arbeit. „Wir fordern, dass die Politik das endlich ernst nimmt“, erklärt der Kurienobmann die Forderungen der Ärztekammer.
Es brauche jetzt konkrete Akutmaßnahmen wie den Einsatz von geschultem Personal für die Bürokratie im Spital, sowie eine nachhaltige „Systemreform“ für die Zukunft. Rückhalt bekommt die Wiener Ärztekammer auch von der Österreichischen Kammer, welche in einer aktuellen Aussendung vor einem „Kollaps“ der Spitalsversorgung warnt und Gesundheitsminister Johannes Rauch scharf kritisiert: „Öffnen Sie die Augen, Herr Minister. So zu tun, als wäre alles in Ordnung in unseren Spitälern, ist eine nicht tolerierbare Farce“, zeigt sich Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer fassungslos. Der Wiener Gesundheitsverbund antwortete indessen über Twitter auf die Vorwürfe der Wiener Ärztekammer und verwies darauf hin, dass die Mehrheit der Befragten nicht in städtischen Krankenhäusern angestellt seien. (kagr)