Die Landeshauptleute-Konferenz hat am Freitag wie erwartet eine „deutliche Anhebung“ der Studienplätze für angehende Mediziner gefordert. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres wirft den Länderchefs „Halbwissen“ und „Populismus“ vor.
Die Bundesländern sind der Ansicht, dass man im Bereich Pflege und Gesundheit auf einen veritablen Fachkräftemangel zusteure, sagte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) beim Treffen der Landeshauptleute-Konferenz in Wiener Neustadt. Die Landeschefs forderten dabei eine Anhebung der Studienplätze für Mediziner. Dass sei ein „klarer Auftrag“ an die neue Bundesregierung, erklärte Mikl-Leitner als derzeitige Vorsitzende: „Wir erwarten uns, dass die neue Bundesregierung rasch und schnell agiert.“ Die von ihr im Vorfeld erhobene Forderung nach einer Verdoppelung der Ausbildungsplätze wollte sie hingegen nicht wiederholen.
Ein „wichtige Begleitmaßnahme“ werde zudem sein, die ausgebildeten Mediziner dann auch in den ländlichen Raum oder in die Bedarfsregionen zu bringen. Dies könne etwa mithilfe von Stipendien erreicht werden, sagte Mikl-Leitner. So sollten Studenten dann ein Stipendium bekommen, wenn sie sich verpflichten, in Bedarfsregionen zu gehen.
Die Kritik der Universitäten an den Plänen führte Mikl-Leitner auf die Frage der Finanzierung zurück. Selbstverständlich könne sie die Sorge der Hochschulen verstehen. Der Ausbau der Studienplätze müsse daher auch mit der entsprechenden finanziellen Ausstattung gekoppelt werden. So könne die Qualität der Ausbildung gehalten werden. Mikl-Leitner sah für den Vorschlag Unterstützung in Teilen der Ärztekammer und Patientenanwälten.
Nicht erfreut von der Forderung zeigte sich allerdings Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. In seinem Blog formulierte er am Sonntag, dass es „nicht gut“ ist, „wenn Politik von Populismus und Halbwissen getrieben wird.“ Es sei in Österreich nicht das Problem, dass es zu wenig Medizinabsolventen gibt. „Im Gegenteil: Wir liegen da sehr gut. Das Problem ist, dass vier von zehn Absolventen entweder ins Ausland gehen oder einen anderen Beruf ergreifen. Wir haben zu wenige Allgemeinmediziner im Kasssenbereich, und enorme Versorgungslücken am Land. Und wir haben insgesamt zu wenige Studierende, die sich für den Beruf des Allgemeinmediziners entscheiden.“ Beides hat nichts mit der Anzahl der Studienplätze zu tun, sondern damit, dass das österreichische System zu wenig attraktiv sei. Kassenstellen würden nicht angestrebt, „weil die Arbeitsumstände und die Bezahlung schlecht sind. Und weil die Flexibilität fehlt, zum Beispiel Praxen zwischen zwei halbtags tätigen Ärzten zu teilen.“
Ähnliche Kritik an den Ländern kommt auch von der Universtätenkonferenz (uniko). Die Pläne seien weder „durchdacht noch realisierbar, geschweige denn finanzierbar“, betonte uniko-Präsident Oliver Vitouch. Der punktuelle Mangel an Ärzten habe seine Ursache „nicht in der Zeit vor, sondern nach dem Studium“. Er fuße in einem Verteilungsproblem zwischen Stadt und Land, Spitälern und Praxen, argumentierte Vitouch. Der Rektor der Medizinischen Universität Wien, Markus Müller, der ebenfalls Mitglied des uniko-Präsidiums ist, befürchtet, dass eine Verdoppelung der Studienplätze das österreichische Privileg der mit der EU verhandelten 75-Prozent-Quote für heimische Studienplätze gefährden und die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten belasten würde. Das verschlechterte Betreuungsverhältnis hätte auch negative Auswirkungen auf Forschung und Patientenbetreuung an den Universitätskliniken. (APA)