Die Ärztekammer schießt sich gegen die geplante Gesundheitsreform und Gesundheitsminister Rauch ein. Der erhält Rückendeckung aus der ÖVP.
Der Konflikt um die geplanten Reformen im Gesundheitswesen hat sich in den vergangenen Tagen zugespitzt – RELATUS MED berichtete. Immer wieder teilten der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch und Vertreter der Ärztekammer über die Medien ihre (gegensätzliche) Meinung. Vom Koalitionspartner ÖVP, in der Vergangenheit eher auf der Seite der Standesvertretung, war bislang kaum etwas zu hören – bis sich jetzt Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky zu Wort meldete. „Die nun plötzlich auftauchende Kritik kommt nicht nur viel zu spät, sondern macht den gleichen Fehler wie in der Vergangenheit: Die Bürgerinnen und Bürger müssen im Mittelpunkt unseres Gesundheitswesens stehen und nicht Einzelinteressen“, sagte Tursky in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.
Die Pläne würden vielmehr „große Chancen“ für die „weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens“ darstellen. Transparenz und Kundenorientierung sei „nichts, vor dem man sich fürchten muss“. Die „Blockadepolitik“ im Gesundheitswesen müsse beendet werden. In den vergangenen Jahren sei „zu Recht“ kritisiert worden, dass im Gesundheitswesen größere Schritte bei der Digitalisierung gemacht werden müssten, immer wieder sei in diesem Zusammenhang „mehr Mut“ eingefordert worden. „Genau diesen Mut beweist die Bundesregierung mit Bundesminister Johannes Rauch mit dieser Reform“, stellte sich Tursky hinter den Gesundheitsminister.
Die Ärztekammer lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken, Präsident Johannes Steinhart kündigte an, sich zu wehren, sollte das Mitsprachrecht der Ärztekammer weiter beschnitten werden. Und dafür nimmt die Standesvertretung auch viel Geld in die Hand: Allein die Wiener Kammer hat laut Vizepräsident Stefan Ferenci für Protestmaßnahmen acht Millionen Euro locker gemacht. Davon sind 3 Millionen Euro schon länger für die Proteste der Wiener Spitalsärzt:innen (inklusive Demo am 4. Dezember) vorgesehen. Vergangene Woche kamen 5 weitere Millionen Euro dazu, wovon 2 Millionen Euro für die Anliegen der Spitalsärzt:innen und 3 Millionen Euro für die niedergelassenen Ärzt:innen vorgesehen sind. Unter anderem soll damit eine mediale Kampagne samt Inserat finanziert werden. Die Kritik der Ärztekammer richtete sich einerseits gegen eine Machtbeschneidung der Kammer: „Die Politik wird ja nicht ernsthaft an eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung für unsere Patientinnen und Patienten glauben, wenn die knapp 50.000 in Österreich tätigen Ärztinnen und Ärzte aus Spitälern und Ordinationen (…) von der Gestaltung der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen sind“, ließ Steinhart in einem schriftlichen Statement diese Woche wissen. Davor hatte er bereits mit einer Vertragsauflösung gedroht.
Aber auch gegen das Vorhaben der Regierung, die Änderungen ohne Begutachtungsverfahren umzusetzen, wird protestiert. Begründet wird dies seitens des Gesundheitsministeriums damit, dass ohnehin alle Systempartner eingebunden gewesen seien. Rauchs Plan sieht vor, die Änderungen spätestens kommende Woche im Ministerrat abzusegnen. Die Regierungsvorlage soll dann im November im Nationalrat eingebracht werden, der Beschluss könnte somit noch im Dezember fallen. (kagr/APA)