Waren Sie schon Opfer oder Zeug:in sexueller Belästigung oder sexueller Übergriffe unter Kolleg:innen?
In der Wiener Ärztekammer wächst das Bewußtsein für #MeToo und „blinde Flecken“ in der Ärzteschaft. Auch „patriachale Strukturen“ werden thematisiert.
Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, brauche es bessere Rahmenbedingungen – diese und ähnliche Dinge hat man in den vergangenen Wochen und Monaten oft von Spitzenfunktionär:innen der Wiener Ärztekammer gehört. Die angesprochenen Rahmenbedingungen beziehen sich dabei meist auf das Gehalt oder die Wochenarbeitszeiten. So auch am Dienstag. Gerade die junge Generation wünscht sich aber auch mehr Respekt, wie Peter Poslussny, Vorstandsmitglied und Personalvertreter in der Klinik Floridsdorf in Wien, im Rahmen einer Pressekonferenz anmerkte. Kürzlich bekannt gewordene Sexismus-Vorwürfe gegenüber Ärztinnen – wie RELATUS MED berichtete – zeigen, dass es dabei nicht nur um eine Anerkennung der professionellen Leistung geht, sondern oft schon an der Wahrung der Menschenwürde scheitert. „In unserem Beruf sind vor allem Ärztinnen von Belästigung und Übergriffen betroffen. Hier stecken patriarchale Strukturen dahinter und es gibt nach wie vor viele blinde Flecken. Und diese patriarchalen Strukturen gibt es leider auch in der Ärztekammer“, kommentiert Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Kurienobmann des angestellten Bereichs.
Ferenci betont, dass die zuständige Ombudsstelle der Ärztekammer Wien ausgebaut werden soll und es bei der nächsten Kammerwahl eine Untergrenze für weibliche Mandatar:innen von 40 Prozent pro antretender Fraktion geben soll. Denn mehr Mandatarinnen und Spitzenfunktionärinnen in der Ärztekammer sei „im Interesse aller“. Der Vizepräsident fügt darüber hinaus hinzu, dass „wir als Männer uns daran erinnern müssen, dass gewisse Witze, wie sie früher noch im OP-Saal gemacht wurden, heute ein No-Go sind“. Anna Kreil, stellvertretende Obfrau der Kurie des angestellten Bereichs in Wien und „Kontaktfrau“ für Themen wie Gleichbehandlung des Wiener Gesundheitsverbundes stimmt dem zu. Es brauche eine „Sensibilisierung der Männer“ im Gesundheitsbereich. Kreil ist allerdings auch der Meinung, dass das Melden von Belästigung und Übergriffen „eine Frage des Mutes“ sei. Auch Poslussny appelliert, Vorfälle „sofort zu melden“ und verweist darauf, dass Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) versprochen hat, bei derartigen Fällen „hart durchzugreifen“.
Die Aussagen zum Thema fanden im Rahmen einer Pressekonferenz der Wiener Ärztekammer zu ihren Forderungen bezüglich der laufenden Gehaltsverhandlungen statt. Vertreter:innen der ÄK Wien fordern von der Gewerkschaft younion eine Urabstimmung über die Ergebnisse der Verhandlungen. Laut Ferenci hätte man zwar gehört, dass den Verantwortlichen „bewusst ist, dass mehr Geld fließen muss“. Ein erneutes „Fauxpas“, wie er die Verhandlungsergebnisse des vergangenen Jahres nennt, wolle man aber unbedingt vermeiden. Die ÄK Wien wird daher eine Urabstimmung mit oder ohne die Verhandlungspartner durchführen. Von den Gehaltsverhandlungen erwarte man sich eine Erhöhung für Spitalsärzt:innen von bis zu 30 Prozent am Beispiel des Burgenlands. Eduardo Maldonado-Gonzalez, stellvertretender Kurienobmann des angestellten Bereichs in Wien, betont, dass sich die Ärztekammer „selbstverständlich“ auch für die Kolleg:innen in der Pflege „deutlich höhere Gehälter“ wünscht. (kagr)