Expert:innen sagen eine milde Pollensaison für 2023 voraus und erklären, warum die Symptombelastung trotzdem erhöht sein könnte.
Bei der alljährlichen Pressekonferenz zur aktuellen Pollensaison stand heute die Klimakrise und damit verbundene Wetterextreme im Vordergrund. Denn durch die Erderwärmung kommt es zu einem „Auf und Ab“ bei der Intensität der Pollenbelastung. Die heurige Saison startete durch den ungewöhnlich warmen Winter schon ein Monat früher als im langjährigen Mittel mit der Erlen- und Haselblüte. „Aber nicht nur das frühe Auftreten der ersten Symptome war bemerkenswert, auch deren Intensität. Allergiker:innen reagierten überdurchschnittlich stark auf geringe Mengen Pollen in der Luft“, stellt Uwe E. Berger, Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes der MedUni Wien, fest. Barbara Bohle, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien, hält mehrere Erklärungen dafür für möglich: Einerseits würden durch die Klimakrise ausgelöste Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit und Sturm die Pflanzen unter Stress setzen. Auch Umweltschadstoffe wie Ozon sowie Schwefel- und Stickoxide würden dazu beitragen. Das wiederum führt dazu, dass zahlreiche Allergene „vermehrt produziert werden“. Es könnte also sein, dass zwar eine geringere Menge an Pollen unterwegs ist, diese aber vergleichsweise mehr Allergene enthalten.
Laut Bohle könnte aber auch die Corona-Pandemie mitspielen, denn in den ersten zwei Jahren der Pandemie verlagerte sich der Lebensmittelpunkt durch Lockdowns und Home Office in die eigenen vier Wände, war man unterwegs wurde meist eine Maske getragen. Das könnte laut Bohle zwei Effekte haben: Einerseits kann durch den Wegfall der Maskenpflicht das subjektive Empfinden bei Allergiesymptomen steigen. Andererseits kann es durch den vermehrten Aufenthalt zuhause zu stärkeren Auswirkungen durch Allergene von Hausstaubmilben oder Haustieren wie Katzen kommen. Die von Bohle vorgestellen Theorien seien allerdings nicht wissenschaftlich bewiesen, dazu müsse man in den kommenden Jahren verstärkt forschen.
Wozu es bereits Studien gibt, ist das sogenannte Thunderstorm Asthma, welches ebenfalls durch die Klimakrise vermehrt auftritt. Die immer heftiger werdenden Gewitter führen dazu, dass Pollen aufquellen, platzen und eine größere Menge an Allergenen freisetzen, was laut Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien (FAZ), zu heftigen Asthmaanfällen führen kann. „Das Wissen um und die Vermeidung von Risikofaktoren sowie die Einhaltung der Allergie- und Asthmabehandlung ist für die Prävention von gewitterbedingtem Asthma daher entscheidend“, appelliert der Lungenfacharzt. Er schätzt, dass sich der Anteil von erwachsenen Allergiker:innen von aktuell rund 25 Prozent (allergische Sensibilisierung) in den nächsten 30 bis 40 Jahren auf rund 35 Prozent steigern wird.
Mithilfe von Online-Diensten und Tools wie die neue App des Pollenwarndienstes können Allergiker:innen selbst helfen, Daten zu sammeln und sich zu schützen. „Beim ‚Asthmawetter‘, das in Kooperation mit www.menschenswetter.at entwickelt wurde, bekommen die Nutzer:innen in fünf Abstufungen Auskunft, ob die Wetterlage des Tages zu vermehrten oder verminderten Asthmasymptomen führen kann“, beschreibt Markus Berger, ärztlicher Mitarbeiter des Österreichischen Pollenwarndienstes. „Die ‚Gewitterwarnung‘ zeigt an, wann im Umkreis Unwetter zu erwarten sind und ob die Ozonwerte steigen werden. Dazu gibt es die Empfehlung im Innenraum zu bleiben und rechtzeitig Medikamente zu besorgen.“ Nach einer derzeit durchschnittlichen Belastung durch die Esche, steht die Birkenblüte nun vor der Tür. (kagr)