Arzneimittelverfügbarkeit: Die Gefahr der Kostensenkungsmaßnahmen für die Patientenversorgung

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Generika leisten einen wesentlichen Beitrag zum Zugang zu lebenswichtigen und bezahlbaren Medikamenten. Mit Auslaufen des 2017 eingeführten Preisbandes zu Jahresende könnte es bei frei verschreibbaren Medikamenten zu Zwangspreissenkungen kommen. Im Interview spricht Dr. Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes, darüber, wie solche Maßnahmen die Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln gefährden und wie dies auch Typ-2-Diabetes-Patientinnen und -Patienten betreffen könnte.

Text: David Roula, PhD

Mit welchen Konsequenzen ist zu rechnen, wenn das Preisband nicht wie in den letzten Jahren verlängert wird?

Dr. Wolfgang Andiel: Das Preisband schützt die darin enthaltenen Produkte vor Preissenkungen auf das jeweils billigste Produkt. Mit Auslaufen des Preisbandes zu Jahresende und des Streichungsverbots im kommenden April wird dies aber wieder möglich sein, was sich mit Zwangspreissenkungen übersetzen lässt. Natürlich ist es ein zentraler Punkt, dass Medikamente für Patientinnen und Patienten kostengünstig zur Verfügung stehen müssen, und aus diesem Grund gibt es Generika. Es liegen aber viele Arzneimittel preislich bereits unterhalb der Rezeptgebühr und werden daher von den Patientinnen und Patienten vollumfänglich selbst bezahlt. Das Problem ist, dass die Breitbandversorgung durch kurzsichtige ökonomische Maßnahmen gefährdet wird. Zur Sicherstellung der Patientenversorgung müssen die Rahmenbedingungen aber so beschaffen sein, dass der Markt auch für die Unternehmen attraktiv bleibt, sonst wird das Angebot zurückgehen. Allein im letzten Jahr wurden über 300 Produkte aus dem Erstattungskodex (EKO) gestrichen, überwiegend deshalb, weil sie aufgrund des Preisdrucks wirtschaftlich nicht mehr am Markt zu halten waren.

Wo sehen Sie bei diesen Zwangspreissenkungen die größten Gefahren?

Die Preissenkungen können grundsätzlich alle wirkstoffgleichen, erstattungsfähigen Arzneimittel betreffen, so auch wichtige Diabetes-Medikamente. Bei rund 800.000 Menschen, die in Österreich an Diabetes erkrankt sind, wäre hier ein Versorgungsengpass hochriskant. Darüber hinaus sehen wir bei zukünftigen Generika-Einführungen im Diabetes-Bereich die Gefahr von eklatant hohen Preisabschlagsforderungen. Viele dieser Medikamente sind aktuell in der sogenannten Dunkelgelben Box gelistet, was bedeutet, dass für ihre Erstattung eine Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes notwendig ist. Wenn Generika nach Ablauf ihrer Patente in die Grüne Box des Erstattungskodex (EKO) aufgenommen werden, also frei verschreibbar werden, könnte die Preisforderung weit über das gesetzlich vorgesehene Maß von –50 % hinausgehen. Derzeit werden etwa 20 % der Diabetes-Patientinnen und -Patienten unzureichend behandelt. Durch Generika würde die gewünschte flächendeckende Therapie ohne weitere Kostensteigerung möglich werden. Das würde zudem dabei helfen, die durch nichtoptimale Behandlung entstehenden schwerwiegenden Folgeerkrankungen zu vermeiden. Dazu braucht es aber auch entsprechende Rahmenbedingungen im Erstattungssystem.

Betreffen diese Änderungen beim Preisband dann auch bereits verfügbare Generika?

Dies lässt sich bei Metformin veranschaulichen, um beim Thema Diabetes zu bleiben. Metformin ist die erste und grundlegende Behandlung für Typ-2- Diabetes-Patientinnen und -Patienten. 85 % der Metformin-Verfügbarkeit wird durch Generika gewährleistet. Diese Versorgung wird aber zunehmend gefährdet: 83 % der von der EMA zertifizierten Metformin-Wirkstoffe werden inzwischen wegen des hohen Preisdrucks aus Indien bezogen. Nur 13 % stammen noch aus europäischer Produktion. Der hohe Preisdruck führt zu einer zunehmenden Abwanderung der Wirkstoffherstellung und auch der Produktion von Medikamenten wie eben Metformin in die asiatischen Schwellenländer. Drei von acht Generika-Versorgern verließen in den letzten 12 Monaten mit diesem Produkt bereits den österreichischen Markt. Wir laufen daher Gefahr, auf eine kritische Versorgungslage zuzusteuern, und daher appelliere ich dringend an die politisch Verantwortlichen, diese Situation nicht eintreten zu lassen und die grundsätzlich sinnvolle Preisbandregelung im Sinne einer nachhaltigen Patientenversorgung in Dauerrecht überzuführen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr Informationen zur Rolle von Generika in der Diabetestherapie finden Sie auch im OeGV-Whitepaper