Jenes neue Gutachten des Gesundheitsministeriums, das das Sparpotenzial durch die Kassenfusion auf 300 Millionen Euro pro Jahr beziffert und „Relatus Med“ vorliegt, sorgt für Aufregung. Hauptverbandspräsident Alexander Biach und Ärztekammer-Viziepräsident Johannes Steinhart bezweifeln die Realisierbarkeit.
„Betriebswirtschaftliches Gutachten zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit der Sozialversicherungs-Strukturreform“ steht auf dem 29-seitigen Gutachten. Autoren sind das Beratungsunternehmen Contrast EY Management Consulting und namentlich der WU-Professor Univ. Prof. Dr. Werner H. Hoffmann und Tobias Knoll, MSC. Ziel ist offenbar, dem Verfassungsgerichtshof, der die Kassenreform auch im Hinblick auf die von der ehemaligen Regierung versprochenen Einsaprungen prüft, Argumente für die Reform zu liefern. Ex-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte Einsparungen in der Höhe von einer Milliarde versprochen. Die Studie bestätigt das weitgehend.
Das werde nur über Kürzungen in patientennahen Bereichen und bei Vertragspartnern gehen, sehen Biach und Steinhart ihre Zweifel im Gutachten bestätigt. Konkret sollen in der Verwaltung pro Jahr 95-112 Millionen, in der Beschaffung 155-185 Millionen und durch die Optimierung der IT 27-40 Millionen eingespart werden. Im Bereich der Beschaffung ist im Gutachten auch von „Verwaltungsprodukten und -dienstleistungen“ die Rede. Biach ortet darin Dienstleistungen, die vor allem die Gebietskrankenkassen in eigenen Einrichtungen anbieten und damit für Patienten da sind. „Das Segment Heilbehelfe und Hilfsmittel betrifft wiederum vor allem den Medizinproduktehandel. Das wird die Wirtschaft nicht freuen“, sagt Biach.
Für Diskussion sorgt auch eine Passage im Text, die in der Organsiation des Kassensystems die „Wichtigkeit“ … „alternativer strukturereller Varianten“ unterstreicht. Die Autoren schreiben dort, dass die „Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der Prinzipien der Selbstverwaltung und des Systems der Pflichtversicherung im Vergleich zum Anbieter-Wettbewerb“ nicht Aufgabe des Gutachtens sei und betonen gleichzeitig, dass genau das wichtig wäre. Zitat: „In eine gesamtheitliche (interdisziplinäre) Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der Sozialversicherungs-Strukturreform sollten daher auch diese Aspekte in geeigneter Form einfließen.“ Für Biach ist das ein Angriff auf die Selbstverwaltung, wie er im Interview mit „Relatus Med“ sagt. Hoffmann, der auch an der umfassenden Kassenstudie der London Scool of Economics (LSE) mitgearbeitet habe, hätte bisher immer ein „Loblied“ auf das bestehende System gesunden, wundert sich Biach. Konkretes will er ebenso wie Steinhart aber erst sagen, wenn ihm die gesamte Studie vorliegt. (rüm)