90.000 Beschäftigte zählen zu den von der Regierung definierten Risikogruppen für eine COVID-19-Erkrankung. Sie sollen besonders geschützt und von der Arbeit freigestellt werden. Das letzte Wort, wer zur Risikogruppe zählt und wer nicht, hat der behandelnde Arzt.
Die Definition von Risikogruppen sei international in dieser Form ein „absolutes Pilotprojekt“, betonte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Sozialversicherung, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und Ärztekammer. Die nun definierten und mittels Kassendaten erhobenen Risikopatienten würden ein Schreiben der Sozialversicherungsträger erhalten, mit dem sie sich an ihren Arzt wenden können. Auf Grundlage einer Checkliste erarbeitet dieser ein gemeinsames Attest zur Vorlage an den Arbeitgeber, um einen „gemeinsamen Weg“ zu suchen, wie Sicherheit vor einer Infektion geschaffen werden kann.
Drei Optionen bieten sich für Risikopatienten: So können am gewohnten Arbeitsplatz Schutzmaßnahmen vor einer Ansteckung getroffen werden, also etwa eigene Zimmer. Ist dies nicht möglich, soll Home-Office geprüft werden. Geht auch das nicht, bleibt die Möglichkeit einer Freistellung. Wie viele Arbeitnehmer was davon in Anspruch nehmen könnten, ist unklar. Anschober betonte, dass die Maßnahmen für die Arbeitnehmer freiwillig seien. Der Gesundheitsminister rief potenzielle Risikopatienten auf, nicht vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 4. Mai zum Arzt zu gehen. Peter Lehner, Chef des Dachverbands der Sozialversicherungsträger, betonte, dass die Daten zur Medikation, die für die Definition herangezogen werden, nicht weitergegeben würden: „Wir garantieren, die Daten bleiben bei der Sozialversicherung.“
Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres erklärte wie die Risikogruppen aussehen: „Das sind etwa Menschen mit einer fortgeschrittenen chronischen Lungen- oder Nierenkrankheit, Menschen mit chronischer Herzerkrankung, Menschen mit aktiver Krebserkrankung oder Erkrankungen, die mit dauerhafter Immunsuppression behandelt werden müssen, Menschen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung oder chronischer Lebererkrankung, Menschen mit ausgeprägter Adipositas mit einem BMI von größer oder gleich 40, ausgeprägtem Diabetes oder arterieller Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden.“ Nicht jede Person mit einer bestimmten Erkrankung zähle aber zwangsläufig zu einer Risikogruppe. So seien etwa Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck nicht berücksichtigt, sollten diese „gut eingestellt sein“. Ganz anders sei dies aber bei fortgeschrittenen Erkrankungen, wenn es etwa schon Komplikationen gebe. Niemand werde aber gezwungen, betonte auch Szekeres: „Damit können diejenigen Menschen nun besser geschützt werden, die diesen Schutz am dringendsten brauchen“, sagte er. Mit der Medikationsliste der Sozialversicherung können aber nicht alle möglichen Risikogruppen angeschrieben werden. „Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass diese Daten nicht vollständig sind und beispielsweise Chemotherapien bei den Krankenkassen gar nicht aufgelistet sind“, sagt Szekeres und rät: „Wer sich als Teil der Risikogruppe sieht, sollte auf jeden Fall seinen Arzt kontaktieren.“ In jedem Fall hätten die Ärzte das letzte Wort, ob jemand unter eine Risikogruppe falle. (red)