Bis zu 80.000 Menschen in Österreich leiden an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. 18 % fühlen sich trotz Therapie „schwer belastet“, zeigt eine neue Befragung.
Die schweren, derzeit nicht heilbaren Autoimmunerkrankungen führen zu immer wiederkehrenden oder dauerhaften, meist schmerzhaften Entzündungen des Verdauungstraktes und Beschwerden wie plötzlichen Durchfällen. Oft muss geschädigtes Gewebe via Operation entfernt werden, nicht selten wird ein künstlicher Darmausgang (Stoma) gelegt. Die Erkrankung werde vergleichsweise spät diagnostiziert und gehe meist mit hohen privaten und beruflichen Einschränkungen einher, hieß es bei einem Pressegespräch. Fast die Hälfte der 1.137 befragten Betroffenen gab eine mittelschwere Beeinträchtigung quer über alle Lebensbereiche an. Die meist sowohl physische wie auch psychische Belastung ziehe sich von Freizeit über Partnersuche und Familienplanung bis hin zu Beruf, finanzieller Situation und Toilettensuche in der Öffentlichkeit, so der präsentierte Ergebnisbericht „Kopfarbeit und Bauchgefühl“.
Laut Alexander Moschen von der Medizinischen Universität Innsbruck treten CED meist zwischen dem 25. und dem 39. Lebensjahr auf. Private und berufliche Einschränkungen können gerade in dieser Altersgruppe kaum vermieden werden. Schwere und Krankheitsverlauf sind meist sehr individuell, oft kommt es zu unvorhersehbaren Schüben. „Wichtig ist, dass wir die Betroffenen rechtzeitig behandeln, um irreversible Schäden und Komplikationen zu verhindern“, erläuterte der Leiter der Arbeitsgruppe CED der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH). „CED-Nurses“ könnten Linderung schaffen, werden im Vergleich zu anderen Ländern aber wenig eingesetzt. Sie können als kompetente, niederschwellige Anlaufstelle neben den Ärzten fungieren. Grundsätzlich fehlen ein definierter Versorgungspfad durch das medizinische System und ausreichend Möglichkeiten zur interdisziplinären Behandlung, sagte Moschen.
Viele Patienten haben soziale Probleme, Schwierigkeiten in der Partnerschaft, finden und behalten nur schwer einen passenden Job oder schaffen die Ausbildung nicht. Außerdem sei die medizinische Versorgung weit vom Optimum entfernt – besonders für das Fünftel der schwer Erkrankten. „Das ist die Gruppe, für die dringend etwas getan werden muss“, schilderte die Präsidentin der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV), Evelyn Gross. Laut der Präsidentin von CED-Nursing Austria, Barbara Klaushofer, steuern die Kolleginnen in anderen Ländern auch die Patientenströme, was zu einer Entlastung der Ambulanzen führen kann. Stabile Fälle mit moderaten und leichteren Verläufen werden hier oft von erfahrenen Vertreterinnen herausgefiltert. „Ein Drittel könnte abgefangen und von einer CED-Nurse langzeitbetreut werden“, erläuterte Klaushofer. (APA)