An der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Universitätsklinik für Innere Medizin II von AKH Wien und MedUni Wien konnte eine deutliche Zunahme von Patienten mit verschlepptem Herzinfarkt festgestellt werden.
Seit März 2020, dem Beginn der Corona-Pandemie in Österreich, wurden einerseits ein Rückgang der Patientenzahl mit akutem Herzinfarkt um 26 Prozent und andererseits eine signifikante Verlängerung der Zeit zwischen erstmaligem Auftreten der Beschwerden (Symptombeginn) und dem Eintreffen im Krankenhaus festgestellt – von 398 Minuten vor der Pandemie auf jetzt 1082 Minuten; jeweils im Monatsdurchschnitt. Parallel dazu sind mehr Patienten außerhalb des Universitätsklinikums AKH Wien verstorben. Die Kardiologie-Experten gehen davon aus, dass viele Betroffene die ersten Symptome ignorieren und sich aufgrund von Corona-Sicherheitsvorkehrungen oder Angst vor einer Ansteckung nicht zu ärztlichen Untersuchungen begeben.
„Das verspätete Eintreffen im Krankenhaus nach Auftreten der ersten Beschwerden führt dazu, dass der Verschluss des Herzkranzgefäßes technisch schwieriger zu behandeln ist, da sich in dem verschlossenen Gefäß mit der Zeit zunehmend feste Gerinnsel bilden“, erklärt Christian Hengstenberg, Leiter der Kardiologie, und er stellt klar: „Je länger das Herzkranzgefäß verschlossen ist, desto größer ist die Gefahr für eine dauerhafte Schädigung des Herzens.“
Herzinfarkte kommen häufig vor und sind in etwa 50 Prozent der erste wahrgenommene Hinweis auf eine bereits bestehende Herzerkrankung. Dies bedeutet, dass viele Betroffene vor dem Auftreten des Herzinfarktes keinen Kontakt mit Herzkrankheit hatten. Leider führt dies manchmal dazu, dass Beschwerden fehlgedeutet werden. So werden drückende Schmerzen im Oberbauch als „Magenverstimmung“ interpretiert. Im EKG allerdings wäre schon gleich ein Herzinfarkt sichtbar, der sofort einer medizinischen Behandlung bedarf. „Wir müssen darum kämpfen, dass die Menschen keine Angst haben, sich in den Spitälern vorzustellen, um unklare Brustschmerzen abzuklären“, sagt Irene Lang, die Leiterin des Herzkatheter-Bereichs des Universitätsklinikums AKH Wien. (red)