Ordinationen setzen wie viele andere Bereiche auf Schutzwände gegen Coronaviren. Nun halten internationale Forscher:innen den Plexiglasschutz oft für unwirksam. RELATUS-MED sprach mit einem heimischen Experten.
Schutzwände gegen Coronaviren sollen das Ansteckungsrisiko in Ordinationen, Apotheken aber auch Supermärkten oder beim Friseur verringern. Doch das Gefühl der Sicherheit trügt, warnen Wissenschaftler:innen laut einem Bericht des deutschen Magazins Spiegel. Aerosolforscher:innen aus den USA und Großbritannien kämen demnach in neuen Studien übereinstimmend zu dem Schluss, dass „die Schutzwände in den meisten Fällen wenig nützen. Unter bestimmten Umständen erhöhen sie demnach sogar das Ansteckungsrisiko“, berichtet der Spiegel. So würden Experimente darauf hindeuten, dass die Barrieren erwünschte Luftströme blockieren und unerwünschte erzeugen. In Supermärkten zeigte sich demnach, dass das Plexiglas vor Kassierer:innen die Viren in Richtung von Kolleg:innen und Kund:innen lenkt. Die Wände würden zum Teil die Zirkulation von frischer Luft behindern oder „tote Zonen“ schaffen, in denen sich die Viren konzentrieren.
„Wie bei allem, was man im Innenraum macht, muss man es mit Hirn machen“, sagt Hans-Peter Hutter, Oberarzt am AKH-Wien und stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der Meduni Wien im RELATUS-Gespräch. Überall wo man eine Reduktion des Ansteckungsrisikos erreichen wolle, braucht es eine konkrete Überlegung zum Innenraum, Geometrie des Raumes, Belüftungssituation und zur Frage, wer sich im Raum aufhält. „Nur eine Tafel aufzustellen, reicht sicher nicht. Es ist dort sinnvoll, wo Köpfe innerhalb eines Meters ohne Maske zusammenkommen. Das hat dann mehr mit der Gefahr der Tröpfcheninfektion zu tun und nicht mit Aerosolen.“ Deshalb mache eine Plexiglaswand in Arztpraxen und Apotheken durchaus Sinn. Es funktioniere im Hinblick auf Aerosole aber nur, wenn andere Menschen vor Ort Abstand halten und Maske tragen. Hutter: „Die wichtigste Stellschraube, wenn es um Aerosole geht, ist die Belüftung und die Frage, wie der Luftwechsel insgesamt aussieht. Das muss man sich immer genau ansehen.“ Man müsse darauf achten, ein durchachtes System für die jeweilige Situation zu haben. (rüm)