Die Haltung der Ärztekammer eine Impfpflicht nicht nur im Fall von Corona zu fordern, stößt auf Widerstand. Offenbar auch innerhalb der Ärzteschaft. Auch mit den Apotheken bahnt sich ein neuer Streit an.
Die jüngste Forderung der Ärztekammer nach einer Impfpflicht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sorgt weiter für Debatten. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres legt im RELATUS-Interview am Wochenende nach und forderte sich rechtzeitig für die kommende Grippesaison zu rüsten. „Die Impfpflicht muß kommen. Das gilt für Grippe ebenso wie für Masern.“ Er werde für diese Forderung immer wieder von Impfgegnern per Mail beschimpft, erzählt Szekeres. Teilweise auch von Ärzten, was ihn besonders überrasche. Der Großteil davon sei aber nicht generell gegen Impfungen, sondern gegen eine Impfpflicht. Die Ärztekammer habe sich vor einigen Monaten schon entschlossen, sich für die Impfpflicht einzusetzen, zumindest für verpflichtende Impfnachweise beispielsweise für Studierende, oder für Menschen im öffentlichen Dienst. Andere Länder seien da schon wesentlich weiter, sagt der Ärztepräsident.
Die Zahl der Impfgegner sei in Österreich zwar gesunken, eine neue Umfrage ergebe aber, dass die Bereitschaft sich freiwillig im Fall einer Impfung gegen das Corona-Virus impfen zu lassen, „erschreckend gering“ sei. So ergab eine Umfrage des Linzer market-Instituts unter 1.000 Personen, die vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben worden war, dass 35 % der Befragten „auf jeden Fall“ und 27 % „eher schon“ an einer Impfung teilnehmen zu wollen. Überraschend hoch war die Zahl der Impfgegner: 25 % sagten, „eher nicht“ oder „sicher nicht“. Die Daten zeigen für Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), dass „wir noch viel Informations- und Aufklärungsarbeit beim Thema Impfungen leisten müssen. Das wird ein zentraler Schwerpunkt der Gesundheitspolitik im Herbst werden.“
Kritik üben Szekeres aber auch der Sprecher der niedergelassenen steirischen Ärzte, Christoph Schweighofer und der steirische Ärztekammer-Vizepräsident Dietmar Bayer am Vorstoß der Apotheker, eine mögliche Corona-Impfung in Apotheken zu verabreichen. „Apotheken sind dafür nicht eingerichtet und auch nicht ausgebildet. Es gibt genug Ärztinnen und Ärzte“, sagt Szekeres. „Impfen erfordert eine behutsame und vertrauensvolle ärztliche Begleitung“, betonen Schweighofer und Bayer. Diese dürfe die Politik „den Patientinnen und Patienten nicht vorenthalten“. Die individuelle Aufklärung, Impfvorbereitung und Nachsorge sei ganz wichtig. Und bei etwaigen Zwischenfällen könnten auch nur Ärztinnen und Ärzte sachkundige Hilfe leisten. Die beiden wehren sich gegen politische Bestrebungen „Fließband-Impfungen“ im amtsärztlichen Bereich und „Instant-Impfungen“ in Apotheken anzubieten.
Unterstützung kommt der Vorsitzenden der Bioethik-Kommission im Kanzleramt, Christiane Druml. In einem Interview in der neuen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „profil“ spricht sie sich für eine Impfpflicht aus. „Sollten die Menschen nicht freiwillig die Ordination stürmen, dann muss man überlegen, wie man eine Impfung verpflichtend machen kann“, sagt sie. Die Kommission trat bereits 2019 für eine Masern-Impfpflicht ein. (red)