Die Ärztekammer hat sich vom jüngsten Angebot der Apothekenkammer, ebenfalls für Corona-Impfungen zur Verfügung zu stehen, wenig begeistert gezeigt. Eine RELATUS-Umfrage zeigt: nur 11,5 % der Ärzte könnten sich mit der Impfmöglichkeit in Apotheken anfreunden.
„Die Apothekerschaft möge bitteschön bei ihren Leisten bleiben“, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zum wiederholten Vorstoß der Apothekerkammer, die Apotheker als Impfstellen ins Spiel zu bringen. Derzeit übersteigen ohnedies die impfwilligen Ärzte die Menge an vorhandenem Covid-Impfstoff bei weitem, erklärt Szekeres. Nur Ärztinnen und Ärzte hätten die nötige Expertise und notwendige Infrastruktur, „sowohl wohnortnah als auch in den Impfstraßen“, sagte Szekeres. Zusätzliche Impfstellen seien daher „absolut unnötig“. Zudem hätten Apotheker kein medizinisches Studium absolviert. Neben Aufklärung und Beratung zu den Impfstoffen könnte es etwa bei „seltenen heftigen allergischen Reaktionen“ ein kompetentes Eingreifen brauchen. Niemand braucht laut Szekeres „sinnlose Experimente“.
Apotheken-Kammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr hatte am Wochenende in mehreren Interviews erklärt, dass die Apotheken „sofort parat“ stünden, um die Schlagzahl der Impfungen zu erhöhen. Dass die Apotheken dies können, hätten sie schon bei den in kürzester Zeit organisierten Tests bewiesen, betonte Mursch-Edlmayr, die darauf verwies, dass in den Apotheken „akademisch ausgebildetes Personal“ zur Verfügung stehe. Beratungen auch über die Corona-Impfungen gehörten jetzt schon zum Tagesgeschäft. Das praktische Impfen lerne man in ein paar Tagen, so Mursch-Edlmayr. Aus dem Gesundheitsministerium hieß es erneut, dass kein Bedarf bestehe und man keinen Grund für eine Änderung der Linie sehe. Szekeres gilt zudem als Vertrauter des neuen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein, dessen Grüne Ärzte innerhalb der Ärztekammer Koalitionspartner von Szekeres sind.
Deutlich wurde der Vizepräsident der steirischen Ärztekammer Dietmar Bayer, der in einem Facebook-Posting den Apothekern wirtschaftliche Interessen vorwirft: „Impfen ist mehr als nur ein Loch durch die Haut stechen. Es gilt die Impftauglichkeit festzustellen, dafür fehlt dem Apotheker einfach die Voraussetzung, da helfen ein paar Wifi-Kurse in Hygiene und Biologie nicht drüber hinweg.“ Die Versuche der Apothekerkammer seien populistisch und „reiner Aktionismus“, kommentierte Christoph Reisner, Präsident der NÖ Ärztekammer, den Vorstoß der Apothekerkammer. Es gebe in Niederösterreich ein dichtes Netz an Impfordinationen, Impfstraßen und Impfzentren. „Weitere Räumlichkeiten, in denen ausschließlich Laien vor Ort sind, die ohne entsprechende Ausbildung lediglich den Impfstich setzen können, brauchen wir definitiv nicht. Dies würde die Patientensicherheit in höchstem Maße gefährden. Pädagogen oder IT-Techniker kommen auch nicht auf die Idee, Impfungen verabreichen zu wollen, nur weil sie wie Apotheker einen Universitätsabschluss haben“, ergänzte Reisner.
Ähnlich reagiert auf Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Soll das heißen, dass ein Universitätsabschluss egal welcher Richtung zum Impfen befähigt?“, fragt er und ergänzt: „Die Präsidentin der Apothekerkammer möge sich bitte mit den Anforderungen beschäftigen, die an Ärztinnen und Ärzte während ihres Studiums und im Berufsleben bei den verpflichtenden Fortbildungen gerichtet werden. Wer glaubt, dass diese Ausbildung durch einen tageweisen Schnellsiedekurs für Laien ersetzt werden kann, zeigt zum einen ein verblüffendes Maß an Realitätsverkennung und gefährdet zum anderen in höchstem Maße die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.“ Eine RELATUS-Umfrage unter Lesern zeigt, dass sich nur 11,5 % der Ärzte vom neuen Gesundheitsminister wünschen, dass er Apotheken das Impfen erlaubt. 77,1 % wünschen sich generell eine bessere Pandemie-Bekämpfung, 49,2 % eine Pflegereform, 37,7 % eine bessere Finanzierung des Gesundheitswesens und 36,1 % die Bekämpfung des Ärztemangels. (rüm)