Ab Montag laufen die Impfungen in größerem Stil an – 60.000 Dosen werden wöchentlich geliefert. Die Krise wird aber insgesamt noch dauern, sind Experten überzeugt. RELATUS MED gibt einen Überblick, wie die nächsten Schritte sind und wann es zu Entlastungen kommen wird.
Der Wiener Infektionsmediziner Christoph Wenisch erwartet bis Ende 2021 eine Covid-19-Immunisierungsrate in Österreich von 70 bis 80 Prozent. Das bedeute, entweder die Krankheit durchzumachen oder sich impfen zulassen, sagte er im Radio Ö1. „Es muss jeder Mensch in Österreich oder weltweit entweder die Impfung kriegen oder die Krankheit kriegen“, meinte der Vorstand der 4. Medizinischen Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Klinik Favoriten. Für ihn sei die Entscheidung sich impfen zu lassen leicht, weil er von Berufs wegen ein hohes Erkrankungsrisiko habe. „Für andere, die beruflich vielleicht nicht so ausgesetzt sind, mag das jetzt nicht so klar sein, aber hier kommt es über die Zeit natürlich auch zu einer Akkumulation des Risikos durch verschiedene soziale Aktivitäten.“ Er sei guter Hoffnung diesbezüglich, wenn die Aufklärung funktioniere und gesehen wird, „dass es effektiv ist und dass es keine relevanten Nebenwirkungen gibt“.
Eine wesentliche Entspannung der Lage auch auf den Intensivstationen erwartet der Mediziner für April oder Mai und besonders im Sommer. Zum einen werde dann, wie schon bei der ersten Welle, die Indoor-Übertragung zurückgehen, weil das Wetter wärmer wird und die Menschen mehr hinausgehen. „Und das Zweite ist, dass dann auch eine gewisse Anzahl an Menschen schon geimpft wird.“ Bis Ende März sollen in Österreich zumindest 900.000 Dosen verimpft sein. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte an, dass man nach den ersten beiden Monaten 2021 die Schutzimpfung gratis für alle Interessierten ausrollen werde, wobei jedem Wahlfreiheit zustehen werde, betonte der Minister. Anschober rief allerdings auch zur Geduld auf. Man werde „sehr behutsam, sehr sorgfältig“ in die schrittweise Umsetzung gehen. Wobei dies weiterhin von zwei Grundfaktoren abhängig sei: Einerseits von der Marktzulassung der Impfstoffe, andererseits von der Frage, wann die Teillieferungen einlangen werden.
Ein weiterer paralleler Schwerpunkt für die Regierung werde die Informationsarbeit sein, sagte Anschober. Dazu zähle als erster Schritt die bereits erfolgte Einrichtung der Info-Hotline. In Summe habe es bis jetzt an die 20.000 Anrufe gegeben, wobei die Grundstimmung laut dem Minister aufgeschlossen und interessiert war. Auch ein Wissenschaftergremium werde für diese Fragen eingerichtet, das „in diesen Tagen erarbeitet und in Kürze präsentiert“ werde. Die Probeimpfungen zur Gewinnung von Erfahrungen für Logistik, Ablauf und Umsetzung werden in der kommenden Woche in zahlreichen weiteren Alten- und Pflegeheimen in den Bundesländern fortgesetzt. Die Auslieferung erfolgt über 17 Verteilerzentren in ganz Österreich. Ab kommender Woche werden im Jänner Teillieferungen des Biontech/Pfizer-Impfstoffes von wöchentlich rund 60.000 Dosen nach Österreich erfolgen. Das Gesundheitsministerium erwartet kommende Woche zudem die Marktzulassung eines zweiten Impfstoffes. Die Schutzimpfung von Moderna wird auch für Österreich wichtig sein – Österreich kann damit zusätzlich zu jene Dosen, die von Biontech/Pfizer im ersten Quartal erwartet werden, weitere 200.000 Dosen im ersten Quartal von Moderna beziehen. Der Impfstoff von Moderna ist ebenfalls ein mRNA-Impfstoff, er muss tiefgekühlt bei -20 Grad gelagert werden und erfordert zwei Teilimpfungen.
Zum Impfplan sagte der Minister, im Detail seien noch Änderungen möglich, je nachdem, wann weitere Impfstoffe zugelassen werden und wann die Lieferungen dann möglich sind. Angesprochen auf die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums zur Priorisierung, wonach Impfungen etwa von Häftlinge noch vor der Gruppe der Lehrer vorgesehen sind, sagte Anschober: „Es hat wenig Sinn, eine Konkurrenzsituation zu entwickeln, wer welche Priorität hat. Wir wollen jene, die am akutesten in einer Risikosituation sind, vorrangig behandeln.“ Dies sei auch europaweit Konsens. An den Priorisierungen könne sich noch etwas ändern, am Grundablauf aber nicht. Dieser laute, zuerst die Risikogruppen zu impfen. (red)