Auf Basis einer Auswertung des „Global Covid-19-Stroke-Registers“ untersuchten Wissenschaftler:innen geschlechterspezifische Unterschiede bei der medizinischen Versorgung.
Frauen sind im Falle eines akuten Schlaganfalls im Vergleich zu Männern weiterhin benachteiligt. Im Falle einer gleichzeitig akuten SARS-CoV-2-Infektion gleichen sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwar eher aus, allerdings auf einem niedrigeren Niveau. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie mit maßgeblicher Beteiligung von Innsbrucker Wissenschaftler:innen.
Lukas Mayer-Suess von der neurologischen Universitätsklinik Innsbruck und seine Co-Autoren aus der Schweiz, Griechenland, Portugal und den USA haben die Daten von 15.128 Schlaganfallpatient:innen des „Global Covid-19-Stroke-Registers“ ausgewertet. Es handelte sich um akut Erkrankte, die zwischen 1. März 2020 und 30. Juni 2021 in eines der teilnehmenden 106 Zentren zur Behandlung von Schlaganfallpatient:innen eingeliefert worden waren. 853 der Erkrankten (5,6 Prozent) waren zu dem Zeitpunkt des akut aufgetretenen neurologischen Leidens Covid-19-positiv. Den Wissenschaftlern ging es bei ihrer Analyse um die potenziellen Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf die Versorgung von Schlaganfallpatient:innen. Die modernen Therapien sind nur innerhalb eines relativ kurzen Zeitfensters am besten wirksam, es zählt buchstäblich jede Minute.
Zum einen zeigte sich in der Studie die seit langer Zeit beobachtete Schlechterstellung von Frauen mit einem Schlaganfall im Vergleich zu Männern. Die Wissenschaftler:innen äußern sich im „European Journal of Neurology“ wie folgt: „Wir konnten zeigen, dass die hauptsächlichen Qualitätsindikatoren für die Behandlung eines akuten Schlaganfalls für Covid-19-negative Frauen schlechter waren als für Männer.“ So war die Dauer zwischen dem letzten bekannten Zeitpunkt ohne Symptome bis zur Spitalseinlieferung um elf Minuten länger. Nach drei Monaten wiesen Frauen ohne SARS-CoV-2-Infektion zum Zeitpunkt des Schlaganfalls auf einer sechsteiligen Skala einen um einen Punkt schlechteren Zustand als die vergleichbaren Männer auf. Die Sterblichkeit der Frauen innerhalb von drei Monaten lag bei 21,3 Prozent, unter den Männern bei 17,8 Prozent. Das war statistisch signifikant.
Zum anderen kam die Studie zu dem Schluss, dass eine mit dem auftretenden Schlaganfall gleichzeitige Covid-19-Erkrankung die Situation beider Geschlechter verschlechterte, wobei sie zu einem relativen Ausgleich zwischen Männern und Frauen führte: Es dauerte mehr als 20 Minuten länger bis zur Einlieferung in eine Klinik, auch die Zeit bis zur Akutbehandlung war deutlich länger. Nach drei Monaten befanden sich sowohl die ehemals SARS-CoV-2-betroffenen männlichen als auch die weiblichen Schlaganfallpatient:innen im Durchschnitt in einer ähnlichen Gesundheitssituation mit zumeist mittelschwerer Beeinträchtigung. Wie die Wissenschaftler:innen schrieben, dürften die strikten Regeln zum Umgang mit Covid-19-Patient:innen im Gesundheitssystem, so auch im Fall einer akuten neurologischen Erkrankung, zu dem Ausgleich zwischen den Geschlechtern geführt haben. (APA/red)
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