Seit Wochen werden neue Diabetes-Medikamente als Wundermittel gegen Übergewicht diskutiert. Die EMA warnt nun vor einem erhöhten Krebsrisiko.
Ein Diabetes-Medikament des dänischen Arzneimittelherstellers Novo Nordisk machte in den vergangenen Wochen Schlagzeilen, weil es höchst erfolgreich dabei hilft, abzunehmen – RELATUS MED berichtete. Durch diesen Nebeneffekt entwickelte sich das Mittel schnell zu einem Lifestyle-Produkt, der Off-Label-Gebrauch führte in den USA und auch in europäischen Ländern zu Versorgungsengpässen. Der Umsatz mit Produkten auf Semaglutidbasis machte 2022 fast 44 Prozent der Konzernerlöse von Novo Nordisk aus.
Doch die regelrechte Euphorie um das als Wundermittel gegen Adipositas gehandelte Medikament erhält nun einen Dämpfer: Die Europäische Arzneimittelaufsicht EMA schickte eine Warnung aus – Studien legen nahe, dass die Einnahme des Medikaments mit dem Wirkstoff Semaglutid bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes das Risiko für Schilddrüsenkrebs erhöhen könnte. Die EMA forderte Novo Nordisk auf, bis 26. Juli ergänzende Informationen abzugeben. Sowohl die EMA als auch die entsprechende US-Behörde FDA erwähnen auf dem Beipackzettel des Medikaments, dass Semaglutid bei Nagetieren Schilddrüsentumore verursacht. Die Auswirkungen auf Menschen seien unbekannt, trotzdem rät die FDA von der Einnahme ab, wenn in der Familie der Patient:innen Schilddrüsenkrebs aufgetreten ist.
„Novo Nordisk ist sich der Warnung und der Anfrage der EMA bewusst und wird eine gründliche Bewertung aller relevanten Daten liefern, um den Sachverhalt aufzuklären”, sagte ein Konzernsprecher. Es habe sich bisher in groß angelegten Studien kein „kausaler Zusammenhang“ zwischen der Einnahme des Wirkstoffes Semaglutid und Schilddrüsenkrebs ergeben. Die Warnung der Behörde umfasste auch GLP-1-Medikamente (Wirkstoff Tirzepatid) der Konkurrenten Eli Lilly, Astrazeneca und Sanofi, die auf den Erfolgszug aufspringen wollten. GLP-1 ist an der Steuerung des Glukosestoffwechsels mitbeteiligt. (APA/kagr)