Die Qualität der Endoskopie in Österreich entspricht internationalen Standards, zeigt eine Studie der Meduni Wien. Gezeigt wurde auch, dass ein neues, dynamisches Berechnungsmodell dabei hilft, die Diagnostik zu verbessern.
Als Intervallkarzinome werden kolorektale Karzinome, die nach einer Vorsorgekoloskopie und vor der geplanten Nachsorgekoloskopie entstehen, bezeichnet. Diese Karzinome sind wahrscheinlich häufiger als vermutet und können trotz einer Vorsorgekoloskopie insbesondere bei Hochrisiko-Patienten, bei denen bereits ein – zunächst gutartiges, jedoch fortgeschrittenes Adenom entdeckt wurde, entstehen. Elisabeth Waldmann und Monika Ferlitsch von der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie (Universitätsklinik für Innere Medizin III der Meduni Wien) konnten nun in einer im Top-Journal GUT (Impact Factor 19.819) publizierten Studie zeigen, dass ein neues, dynamisches Berechnungsmodell dabei hilft, die Diagnostik zu verbessern und auch, dass die Qualität der Endoskopie in Österreich internationalen Standards entspricht.
„Personen, bei denen bereits ein Adenom aufgetreten ist, haben ein erhöhtes Risiko im Lauf ihres Lebens erneut Adenome zu entwickeln bzw. an Darmkrebs zu erkranken. Es wird daher empfohlen, je nach Anzahl, Größe und Histologie der abgetragenen Polypen, eine Nachsorgekoloskopie nach 3 Jahren bei der Hochrisiko-Gruppe bzw. 10 Jahren bei der Gruppe mit niedrigem Risiko durchzuführen“, sagt Ferlitsch. Aber trotz hochwertiger Untersuchungen können Intervallkarzinome auftreten. Die Untersuchungsqualität hat gemessen an der Adenom-Entdeckungsrate (ADR) bei der Endoskopie einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Intervallkarzinomen. Die ADR ist der prozentuelle Anteil jener Koloskopien, bei denen mindestens ein Adenom entdeckt wird, gemessen an allen von einem Endoskopiker durchgeführten Untersuchungen. Diese Rate sollte laut der gültigen Leitlinien bei zumindest 25 Prozent liegen.
In der aktuellen Studie wurde der kombinierte Effekt von ADR und Charakteristika abgetragener Adenome auf die Entstehung von Intervallkarzinomen untersucht. Dazu wurden Koloskopien, die im Rahmen des „Qualitätszertifikats Darmkrebsvorsorge“, einem Projekt der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, dem Dachverband der heimischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Krebshilfe, durchgeführt wurden, mit Krankenhausdiagnosen des Dachverbands der Österreichischen Sozialversicherungsträger verknüpft. Insgesamt wurden 385.708 Koloskopien, die zwischen Jänner 2008 und Dezember 2019 durchgeführt wurden, untersucht. „Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 55,4 Monaten wurden 241 Intervallkarzinome identifiziert. Das Auftreten von Intervallkarzinomen ist dabei unabhängig voneinander sowohl mit einer niedrigen ADR der Endoskopiker als auch mit dem Auftreten von Hochrisiko-Adenomen verbunden. Das Risiko, ein Intervallkarzinom zu entwickeln, war für Personen mit negativer Koloskopie sowie für Personen mit Hochrisiko-Adenomen, die von einem Endoskopiker mit einer niedrigen ADR (<20%) untersucht wurden doppelt so hoch im Vergleich zu jenen, die von einem Endoskopiker mit einer hohen ADR (≥20%) untersucht wurden“, resümiert Ferlitsch.
Bei der aktuellen Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Medizinische Statistik, Informatik und Intelligente Systeme der MedUni Wien (CeMSIIS/Leitung: Georg Heinze), eine neue, dynamische Berechnung der ADR angewendet: die ADR wurde für jede einzelne Untersuchung neu berechnet, d.h. es wurden nur in der Vergangenheit durchgeführte Untersuchungen berücksichtigt. Ferlitsch: „Die neue, dynamische Berechnung berücksichtigt eine Veränderung der ADR über einen Zeitraum und bezieht einen potentiellen Lerneffekt der Endoskopiker mit ein. Zusammengefasst unterstreichen unsere Ergebnisse die Wichtigkeit einer qualitativ hochwertigeren Untersuchung, gemessen an einer dynamisch berechneten ADR. (red)