1,5 bis 1,8 Milliarden Euro dürfte die Teststrategie den Bund bisher gekostet haben. Fast 300 Millionen davon gingen an Apotheken. Ab Herbst könnte es damit vorbei sein. Immer mehr Stakeholder wollen die Tests stoppen, um die Impfquote zu erhöhen.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat bereits Mitte Juli in Interviews auf die hohen Kosten der Teststrategie hingewiesen und für die Zeit nach dem Sommer eine Überprüfung des Konzepts angekündigt. Kostenlos bleiben werden die Tests aber jedenfalls für symptomatische Personen und nicht impfbare Menschen. Nun häufen sich aber die Rufe nach einem Ende der Gratis-Tests. Nach den Rufen aus einigen ÖVP-geführten Bundesländern sowie aus der niederösterreichischen Ärztekammer, die Corona-Tests in Zukunft kostenpflichtig zu machen, stieß am Donnerstag auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres in diese Richtung. Er plädiert klar für ein Ende der Gratis-Tests. „Ich denke, jeder, der sich nicht impfen lassen möchte und Veranstaltungen oder Restaurants besuchen möchte, sollte dann selbst für das Testen bezahlen“, sagte Szekeres auch im RELATUS-Gespräch. Voraussetzung für das Aus des Gratis-Tests sei es, dass jeder die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen. Er sehe nicht ein, warum die Allgemeinheit diese doch sehr kostspieligen Tests zahlen muss, wenn Menschen sich weigern, die Gratis-Impfung in Anspruch zu nehmen. „Die Impfungen sind von der europäischen Zulassungsbehörde streng kontrolliert worden, sind bei uns zugelassen, sind sicher und wirkungsvoll – und ich glaube, es sollte sich jeder nach Möglichkeit impfen lassen“, sagte er im ORF-Radio dazu.
Auch Szekeres sieht in kostenpflichtigen Tests einen Weg, die nachlassende Impfbereitschaft anzukurbeln: „Ich hoffe sehr, dass die Impfbereitschaft steigt und ich hoffe auch sehr, dass es uns gelingt, möglichst viele Menschen impfen zu lassen. Man schützt damit auch diejenigen, die nicht geimpft werden können oder die immungeschwächt sind und dadurch die Impfung ihre Wirkung verfehlt. Das ist der einzige Weg aus der Pandemie heraus. Und niemand von uns wünscht sich weitere Lockdowns.“ Auch der Obmann der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) und Co-Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner (ÖVP), stellte die Gratis-Tests infrage. Man müsse sich überlegen, „ob uns das kostenlose Testen nicht einen Bärendienst erweist“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien und empfahl daher „eher von 3-G auf 2-G zurückzugehen“. „Aus meiner Sicht war Testen ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit“, betonte Lehner. Die Bevölkerung solle nicht nur Eigenverantwortung, sondern auch Verantwortung für Land, Gesellschaft und Wirtschaft wahrnehmen. „Wir können nur gemeinsam diese Pandemie bekämpfen“, rief er zur Impfung auf.
Kaum ein anderes Land testet so viel auf Corona wie Österreich. Mit Stand Donnerstag wurden in Österreich laut Daten des Gesundheitsministeriums bisher 68,2 Millionen Tests im Rahmen von Screenings oder in Teststraßen durchgeführt. Dazu kommen noch 11,7 Millionen Tests in Apotheken, 5,6 Millionen Tests in Betrieben und 35,9 Millionen Schultests. Bis Jahresende geht man im Gesundheitsressort von Kosten zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Euro aus, exklusive Schul- und Betriebstestungen. Die Kosten pro Test sind unterschiedlich, in den Apotheken liegen sie bei 25 Euro pro Stück.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte Donnerstagnachmittag die Position der Stadt, wonach das Gratis-Testangebot nicht zurückgefahren werde. „Wir sind weit davon entfernt, österreichweit eine ausreichend hohe Durchimpfungsrate zu haben, um anfangen zu können, die Testkapazitäten nicht mehr gratis anzubieten. Wenn wir nicht testen, können wir Mutationen nicht entdecken, die es immer wieder geben wird. Ich glaube nicht, dass kostenpflichtige Corona-Tests die Menschen zum Impfen motivieren, sondern die Testbereitschaft in der Bevölkerung stark schwächen. Von daher bleibt in der Stadt Wien bleibt das Gratis-Testangebot aufrecht“, schreibt er auf Twitter. (red)