Bei einem Parlamentarischen Forum im Hohen Haus diskutierten am Dienstag Fachleute über Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen
Beim Parlamentarischen Forum zum Thema „Zukunftsgestaltung im Gesundheitswesen – Künstliche Intelligenz im Fokus“ kamen Mediziner:innen und Expert:innen im Hohen Haus zusammen. Heinz Ludwig (Leiter des Wilhelminenkrebsforschungsinstituts), Johannes Huber (Außerordentlicher Professor an der Medizinischen Universität Wien), Christiane Druml (Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt) sowie Rüdiger Stix (Honorarprofessor an der Sigmund Freud Privatuniversität) hielten Keynotes zu diesem komplexen Themenbereich. In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten die Keynote-Speaker:innen ihre unterschiedlichen Sichtweisen zum Einsatz und zur Entwicklung von künstlicher Intelligenz aus.
Die Expert:innen griffen dabei Themen wie den internationalen Wettbewerb in der Entwicklung von KI, deren Einsatz bei Diagnose und Therapieentscheidungen, moralisch-ethische Aspekte oder auch die Problematik von sogenannten „Deep Fakes“ auf. Die Moderation der Podiumsdiskussion übernahm Günther Mayr, Leiter der ORF-Wissenschaft. Heinz Ludwig meinte etwa im Hinblick auf die Durchführung von medizinischen Studien, dass eine gewisse Vorsicht beim Einsatz von KI für schnellere Ergebnisse angebracht sei, zumal erst zu beweisen sei, dass KI besser als bisherige Vorhersagemodelle funktioniere. Was den internationalen Wettbewerb betrifft, sei aus seiner Sicht die asiatische Gesellschaft bereits dabei, die technischen Revolutionen vorzunehmen.
Aus Sicht von Rüdiger Stix sei im Vergleich zu „High-Tech-Ländern“ mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden bei der Entwicklung einer KI im Bereich der Chirurgie „kein Abfahrtslauf zu gewinnen“. Es dürfe zwar keine Ausbeutung hinsichtlich der Arbeitszeiten geben, brauche aber die Möglichkeit, auch 70 Stunden in der Woche zu investieren. Aus seiner Sicht würde jedenfalls jeder Patient bzw. jede Patientin mit einem Schlaganfall zur Rettung auf Spitalsärzt:innen „mit der besten KI“ hoffen. Huber, außerordentlicher Professor der Medizinischen Universität Wien, meinte, das Erlernen einer chirurgischen Intervention mit KI brauche Zeit. Auch er sieht in unterschiedlichen gesellschaftlich bedingten Arbeitsintensitäten einen der Gründe, warum aus „High-Tech-„ oder asiatischen Ländern jene Chirurg:innen kommen würden, die ihm zufolge das Thema KI vor allem vorantreiben.
Das Thema der Arbeitszeitregelungen sei allein schon ein Faktor in der Kontinuität zwischen Ärzt:innen und Patient:innen, räumte auch Druml ein. Beim Thema KI gehe es vor allem aber auch um die weitere Ausbildung der Ärzt:innen bzw. darum, umfassende Erfahrung zu sammeln. KI könne zwar einen Mangel an Erfahrung und Expertise kompensieren, wenn man deren Einsatz gut wähle. Dennoch sehe sie Ärzt:innen als letzte Instanz.
Aus Sicht von Ludwig könnten mithilfe großer Datenbanken und Algorithmen die Diagnose und Therapieentscheidungen in Zukunft durchaus optimiert werden. Er gab aber auch zu bedenken, dass jede von Menschen geschaffene Innovation – von Dynamit bis Atomkraft – je nach Einsatz einen großen Nutzen darstellen, umgekehrt aber auch missbraucht werden könne. Huber gab sich diesbezüglich allerdings „vorsichtig optimistisch“ – allen Katastrophen zum Trotz sehe er beim Menschen auch eine Evolution des Geistes und die Chance, dass sich dieser in eine humanere Richtung weiterbewege, auch hinsichtlich der Entwicklung von KI. Ludwig wiederum bezweifelte, dass es noch einen „Selektionsdruck“ für das moralisch Bessere gebe. Was grundsätzlich die Nutzung von KI im Gesundheitswesen betrifft, gab Ludwig zu bedenken, dass etwa Armbanduhren mit Blutdruck- und Herzschlagmessung bereits im Alltag verwendet würden. Das sei ein erster Schritt im Kleinen und würde noch weiter perfektioniert werden. (red)