Nekrolog 2023: diese Menschen aus Medizin und Gesundheit sind heuer von uns gegangen. RELATUS erinnert an eine Auswahl von Verstorbenen und ihre Errungenschaften.
Heinrich Burggasser (74 Jahre): Der ehemalige Präsident der Österreichischen Apothekerkammer war am Neujahrstag in seinem Haus in Wien Donaustadt tot aufgefunden worden. Wie sich herausstellte, wurde der Apotheker und langjährige Spitzenfunktionär der Apothekerkammer ermordet. Der mutmaßliche Täter hatte bei Burggasser eingebrochen, am 13. November startete die Verhandlung am Wiener Straflandesgericht. Heinrich Burggasser war 2007 bis 2012 Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, zuvor, von 1997 bis 2006, Präsident der Landesgeschäftsstelle Wien. Sein Tod führte zu großer Bestürzung innerhalb des Gesundheitswesens.
Martha und Johann Eibl (beide 92 Jahre): Im Februar wurde der Tod eines österreichischen Biotech-Pionierehepaares bekannt. Binnen weniger Stunden verstarben am 29. beziehungsweise am 30. Jänner der Gründer der ehemaligen Wiener Immuno AG, Johann Eibl, sowie seine Frau, die Immunologin Martha Eibl. Johann Eibl hat nach einem Chemiestudium an der Universität Wien mit anderen Gesellschaftern 1953 das Österreichische Institut für Hämoderivate gegründet, das 1957 beispielsweise als erster kommerzieller Hersteller eines Polio-Impfstoffs in Europa auftrat. Martha Eibl, ehemalige Leiterin der Immunologischen Tagesklinik in Wien, trug bis Ende der 1990er-Jahre maßgeblich zur Aids-Impfstoffforschung bei.
Jürgen Pelikan (83 Jahre): Das Gründungsmitglied und ehemaliger Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Public Health ist im März im 84. Lebensjahr verstorben. Die wissenschaftlichen Arbeiten des Mit-Begründers und Leiters des Ludwig-Bolzmann-Instituts (LBI) für Medizin- und Gesundheitssoziologie zu Health Literacy gehören zu den meistgelesenen und meistzitierten Publikationen in diesem Bereich – vor allem in Europa, aber auch weltweit. In Pelikans Arbeiten stehen bevölkerungsweite Erhebungen der Gesundheitskompetenz in vielen verschiedenen europäischen Ländern wie Österreich, Deutschland und den Niederlanden aber auch Israel, Russland und den USA im Mittelpunkt. In Erinnerung werden die federführend und in Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation und anderen großen Organisationen entwickelten Messinstrumente für Health Literacy wie der HLS-19 bleiben.
Peter Ferenci (74 Jahre): Nach langer Krankheit verstarb Peter Ferenci im April dieses Jahres im Alter von 74 Jahren. Er war über viele Jahrzehnte als Professor an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien, Wissenschaftler, Forscher und Wegbereiter der Hepatologie mit Weltruf auf den Gebieten der Virushepatitis, der hepatischen Encephalopathie und des Morbus Wilson tätig. Von 1996-1998 war Ferenci Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) und 2005 war er Vorsitzender der United European Gastroenterology Federation (UEGF). Für sein Werk erhielt er zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, wie beispielsweise das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse im Jahr 2019.
Horst Noack (84 Jahre): Der Mitgründer der Österreichischen Gesellschaft für Public Health und ihr erster Präsident ist im Mai dieses Jahres im Alter von 84 Jahren verstorben. Noack wurde 1992 als Professor an die Medizinischen Universität Graz berufen, wo er Vorstand des Instituts für Sozialmedizin war, bis er 2005 emeritierte. Darüber hinaus war er in verschiedenen Funktionen als Berater der WHO tätig und war Co-Autor der Ottawa-Charter, dem Schlussdokument der ersten internationalen Konferenz über Gesundheitsförderung 1986, das bis heute als Leitfaden und Inspiration der Gesundheitsförderung dient.
Gustav Paumgartner (89 Jahre): Im September dieses Jahres betrauerte die MedUni Wien den Tod von Gustav Paumgartner. Er war seit 2013 – nach seiner Emeritierung als Professor für Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Klinik II an der Ludwig-Maximilians-Universität München – als Gastprofessor an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität Wien wissenschaftlich aktiv. Paumgartner war einer der großen Pioniere in der Gallensalz-Forschung und inspirierte viele junge Ärzt:innen ebenfalls in diesem Feld zu forschen. Für seine Arbeit erhielt er unzählige nationale und internationale Auszeichnungen, darunter das Ehrendoktorat der Medizinischen Universität Graz und die Ehrenmitgliedschaft in der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie.
Otto Pjeta (74 Jahre): Im Oktober verstarb der Altpräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Der Allgemeinmediziner war fast sein ganzes ärztliches Berufsleben in der Standesvertretung tätig. Er war von 1989 bis 2012 Präsident der Ärztekammer Oberösterreich und von 1999 bis 2003 Präsident der ÖÄK. Unter Pjetas Ägide war Oberösterreich das erste Bundesland, das Gruppenpraxen im Kassensystem ermöglichte, gekoppelt mit innovativen Modellen wie die Jobsharing- und die Übernahmepraxis, die dann auch von anderen Bundesländern übernommen wurden. Pjeta war außerdem ein bekannter Verfechter der ärztlichen Hausapotheken.
Werner Vogt (85 Jahre): Der Wiener Arzt und Begründer der Arbeitsgemeinschaft „Kritische Medizin“ ist im November gestorben. Bekannt wurde Vogt durch seine Auseinandersetzung mit dem ob seiner Vergangenheit im Nationalsozialismus umstrittenen Psychiater und Gerichtsgutachter Heinrich Gross. Der ehemalige Unfallchirurg rief der Öffentlichkeit ins Bewusstsein, dass Gross im Dritten Reich an der Wiener „Euthanasie-Klinik“ Am Spiegelgrund als Stationsarzt behinderte Kinder für Forschungszwecke missbraucht hatte. 2019 wurde Vogt von der Österreichischen Liga für Menschenrechte für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Franz Bittner (69 Jahre): Der ehemalige Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse ist ebenfalls im November gestorben, er wurde 69 Jahre alt. Zwölf Jahre lang war Bittner Obmann der ehemaligen Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Von 1997 bis 2009 prägte er die Sozialversicherung in Wien und darüber hinaus. Im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger war er ab 1998 bis 2003 Vorsitzender des Dienstrechtskomitees, von 2001 bis 2005 fungierte er als Vorsitzender der Hauptversammlung und von 2005 bis 2009 war er Vorsitzender der Trägerkonferenz. Als einer seiner größten Erfolge galt der Ausbau der Vorsorgeuntersuchung. Bis zuletzt setzte er sich als Patientenombudsmann für die Anliegen und die Gesundheitsversorgung der Wiener:innen ein.
Peter Neidhart (49 Jahre): Der Geschäftsführer von der Verlagshaus der Ärzte GmbH ist im November im Alter von 49 Jahren verstorben. In seiner Rolle war Neidhart für die Herausgabe der Österreichischen Ärztezeitung (ÖÄZ) verantwortlich. Der gelernte Nachrichtentechniker und promovierte Betriebswirt übernahm 2018 die Geschäftsführung vom langjährigen Verlagschef Martin Stickler. Neidhart setzte bei der ÖÄZ den Fokus auf Qualität, Seriosität und Transparenz sowie redaktionelle Unabhängigkeit. (kagr)