Damit andere Krankheiten nicht übersehen werden und Corona-Tests rascher möglich sind, drängen Hausärzte darauf, selbst testen zu können. Ärztekammer und Ministerium stehen dem Vorschlag grundsätzlich positiv gegenüber.
Bei der Hotline 1450 dauert es mitunter zwei bis drei Tage bis ein Coronatest bei einem Verdachtsfall durchgeführt wird. Das ist nach Ansicht von Experten zu lange. Vor allem dann, wenn jemand zwar ähnliche Symptome hat, aber an einer anderen Krankheit leidet, die dann erst spät diagnostiziert und behandelt werden kann. Deshalb fordern forderen Mitglieder des Expertenrats und niedergelassene Allgemeinmediziner, dass es auch Hausärzten erlaubt sein sollte, gratis Corona-Tests anzubieten. Auch die OÖ-Ärztekammer machte am Freitag entsprechend Druck bei einer Pressenkonferenz. Um festzustellen, ob jemand COVID-19 oder etwa einen grippalen Infekt hat, muss es möglich sein, „dass Hausärzte Corona-Abstriche selbst machen oder vermitteln“, sagte Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Mitglied des Expertenrats des Gesundheitsministers. „Das ist ein Mittel, das wir unbedingt brauchen. Man kann nicht ein Fieberkind zwei Tage lang zu Hause konservieren und sagen, na ja, warten wir einmal auf einen Test. Gilt genauso für Erwachsene“, erklärt Rabady. Im Normalfall wisse man innerhalb von 24 Stunden Bescheid.
Das derzeitige System mit der Hotline 1450 sei überlastet und schaffe es nicht, in vernünftig kurzer Zeit Abstriche bei Verdachtsfällen durchzuführen, ergänzt auch Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin der Österreichischen Ärztekammer, der aber die Freiwilligkeit betont: „Hausärzte, die das machen wollen, sollen auch COVID-19-Abstriche durchführen können und können so dazu beitragen, dass rasch Klarheit herrscht“. Wichtig sei jedenfalls, dass das Gesundheitspersonal geschützt sei. Eine der Sicherheitsvorkehrungen sei eine telefonische Voranmeldung beim Hausarzt.
Rabady bietet diese Tests im Rahmen eines Forschungsprojektes in ihrer Praxis schon an – dies wäre aber auch in Hunderten Hausarztpraxen aufgrund der seit Jahrzehnten eingespielten Kontakte zu Labors möglich. Weitere Ansteckungen könnten durch eigene Warteräume, extra Ordinationszeiten für Verdachtsfälle sowie Mund-Nasen-Schutz bei den Untersuchungen von Verdachtsfällen verhindert werden. Durch die Unterstützung der Hausärzte könnte man vor allem in Großstädten wie Wien Druck aus der angespannten Corona-Situation herausnehmen. Die öffentliche Schiene, also 1450, könnte sich Rabady zufolge dann auf Contact-Tracing und Screening konzentrieren.
Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, steht dem Vorschlag „grundsätzlich positiv gegenüber“. „Man muss nur darauf achten, dass das Personal und andere Patienten nicht in die Gefahr einer Ansteckung gebracht werden“, sagte er. Patienten dürften etwa auf keinen Fall unangemeldet eine Ordination aufsuchen. Ob ein Arzt Corona-Tests durchführen will, liegt aber letztlich in dessen Ermessen. „Wir können niemanden dazu zwingen“, sagte der Präsident. Auch aus dem Gesundheitsministerium heißt es am Wochenende, dass man den Vorschlag unterstütze. Es gebe Gespräche mit der Gesundheitskasse ÖGK, die Kosten solle der Bund übernehmen. Die beschlossene Aufstockung der Mittel für Schutzausrüstung sei eine Voraussetzung.
Mediziner haben in Linz im Rahmen einer Pressekonferenz der Ärztekammer OÖ nicht nur gefordert, die Tests wieder in die Hände von Ärzten zu legen, sie riefen die Patienten auch auf, sich nicht vor Arztpraxen oder Spitälern zu fürchten. Die Mediziner drängten auf eine Rückkehr zu einem normalen Betrieb in den Ordinationen. „Die Hoffnung, dass wir das Virus mit strengen Maßnahmen ausrotten können, können wir abhaken“, sagte Franz Allerberger, Leiter des Geschäftsfeldes Öffentliche Gesundheit der AGES. SARS-CoV-2 werde sich künftig „dazugesellen zu den anderen Winterinfekten. Darauf muss man sich einstellen.“ Ein Kind, das 39 Grad Fieber habe, gehöre aber in jedem Fall zum Arzt, rief er alle auf, nicht wegen Corona einen Bogen um die Arztpraxen zu machen. Gesundheitswissenschafter Martin Sprenger betonte, dass in der Medizin immer das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gelte. Der Nutzen müsse größer sein als die Nebenwirkung, sagte er und verwies auf die „Nebenwirkungen“ des Lockdowns: „Arbeitslosigkeit verdoppelt das Sterberisiko“, meinte er und wies darauf hin, dass viele Leute wegen anderer Beschwerden – von Herz-Kreislauf- bis hin zu psychischen Problemen – nicht zum Arzt gegangen seien. „Wenn wir jetzt wieder Ängste schüren, wird die Unterversorgung wieder zunehmen“, warnte er davor, dass sich dann erneut viele scheuen könnten, in die Ordinationen zu gehen, aus Angst sich anzustecken. Die Hausärzte hätten viel in Sachen Ordinationsmanagement und im Umgang mit möglicherweise infektiösen Patienten gelernt, betonte Wolfgang Ziegler, Obmann der Sektion Allgemeinmedizin in der OÖ-Ärztekammer. Mittlerweile gebe es ein räumliches und zeitliches Abstandmanagement etc. (rüm)