Der Fall einer Hausärztin, die ihre Praxis nach monatelangen Morddrohungen und Beschimpfungen zusperrt, wirft kein gutes Licht auf den Schutz des Gesundheitspersonals.
Im Fall jener Ärztin, die wegen Morddrohungen ihre Praxis vorübergehend geschlossen hat, hat sich ein neuer Ermittlungsansatz ergeben. Eine deutsche Hacker-Aktivistin will laut eigenen Angaben einen Mann ausfindig gemacht haben, der die Droh-E-Mails verfasst haben soll, wie mehrere Medien berichteten. Die Unterlagen wurden bereits dem Verfassungsschutz übergeben, bestätigte die Polizei. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst nehme die Rechercheergebnisse durchaus ernst, hieß es im Ö1-Mittagsjournal.
Was überrascht: Gegenüber der „Presse“ meinte die Hackerin, sie habe „in weniger als sechs Stunden, ‚inklusive der Wartezeiten auf Antworten der Person, deren Name für die E-Mails verwendet wurde‘, Hinweise zum wahren Absender ausfindig machen“ können. Es sei „kein großer Aufwand“ gewesen, die Person zu identifizieren, die Polizei habe da „offenbar nichts unternommen“, sagt die Hackerin gegenüber der „Presse“. Dagegen verwehrte sich die Polizei OÖ und führte die „rechtlichen Rahmenbedingungen“ an. „Privat darf mehr als der Staat“, fasste es ein Sprecher zusammen. Franz Ruf, Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, betonte am Rande einer Pressekonferenz, dass es seitens der Behörden von Anfang an entsprechende Schutzmaßnahmen für die Ärztin gegeben habe.
Das Ganze wirft aber einige Fragen auf. Im Mai führte eine Aktion des deutsche Satirikers Jan Böhmermann in ähnlichen Zusammenhängen zu Ermittlungen gegen die Polizei selbst. Seine Sendung „ZDF Magazin Royale“ brachte offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften zur Anzeige – in Polizeistationen in allen deutschen Bundesländern war der Ermittlungsverlauf allerdings schleppend. Die Redaktion zeigte nicht nur auf, wie Ermittlungen nicht oder sehr langsam passierten, sondern auch, wie oft in kurzer Zeit die Verbreiter von Hassbotschaften hätten ermittelt werden können. Ob ähnliches im Fall der bedrohten Ärztin passiert ist, soll hier niemandem unterstellt werden, untersucht werden sollte die Causa aber jedenfalls. Dabei geht es nicht darum, die Behörden an den Pranger zu stellen, sondern vor allem ein Bewusstsein zu schaffen, dass Drohungen im Netz keine Lappalien sind. Und vor allem auch darum, aufzuzeigen, dass gerade Gesundheitsberufe und hier vor allem auch Ärztinnen und Ärzte mit allen Mitteln geschützt werden müssen, wenn sie einfach ihrer Arbeit nachgehen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Föderalismus gesundheitsschädigend ist und sich die Bundesländer in Gesundheitsfragen zunehmend als inkompetent erweisen. Es braucht endlich Transparenz über regionale Ausgaben, Erkrankungszahlen, Spitalsdaten und eine zentrale Steuerung. (rüm)