Seit Umsetzung des Arbeitnehmer:innenschutzgesetzes vor 30 Jahren hat sich für die Beschäftigten viel verbessert. Bei aktuellen Herausforderungen sehen AK und ÖGB aber Lücken.
Die Einführung des Arbeitnehmer:innenschutzgesetzes (ASchG) vor 30 Jahren hat viele Verbesserungen für die Gesundheit der Beschäftigten gebracht. Dennoch kommt eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) nun zu dem Schluss, dass es „noch viele Baustellen” gibt und einige Arbeitgeber:innen „ihrer Schutzverpflichtung nur ungenügend nachkommen“, fasst AK-Expertin Johanna Klösch zusammen.
Die AK und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) fordern daher weitere Verbesserungen für Arbeitnehmer:innen. Die Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) hält fest, dass die Einführung des ASchG ein Meilenstein war, weil Arbeitgeber:innen erstmals gesetzlich verpflichtet wurden, sich aktiv um die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten zu kümmern. Dennoch bestünden regulatorische und institutionelle Mängel: So würden etwa seit den 1990er-Jahren geplante und notwendige Verordnungen zu den Themen Hitze und Belastungen am Arbeitsplatz fehlen. Seit der Kundmachung des ASchG im Jahr 1994 haben sich laut Studie die physischen und psychischen Risiken und Gefahren am Arbeitsplatz verändert. Neben den alten Belastungen wie langes Sitzen, schweres Heben, Lärm oder Kontakt mit chemischen Stoffen kommen mit der Digitalisierung neue Herausforderungen hinzu, wie die Verdichtung der Arbeit und das Verschwimmen der Grenzen zwischen Freizeit und Arbeitszeit verbunden mit dem Gefühl ständiger Erreichbarkeit. Zudem sei die Zunahme von Stress, Überforderung, Sucht oder Angstzuständen zu beobachten. Weiters tragen eine Zunahme atypischer und prekärer Arbeitsverhältnisse und die sich verschärfende Klimakrise dazu bei, dass bestimmte Berufe an Attraktivität verlieren. Nicht alle Arbeitgeber:innen würden die neuen, aber auch die alten Risiken ausreichend berücksichtigen.
Eine Befragung von rund 2.000 Betriebsratsvorsitzenden ergab, dass viele Arbeitgeber:innen mit der Umsetzung des ASchG im Rückstand sind. Demnach wird in 30 Prozent der Betriebe die Arbeit (eher) nicht so gestaltet, dass sie sicher und gesund bis zur Pension ausgeübt werden kann. In knapp 30 Prozent der Betriebe finden keine regelmäßigen Evaluierungen der physischen und psychischen Belastungen statt. In mehr als drei Viertel der Betriebe, die Homeoffice ermöglichen, finde keine Beurteilung der Homeoffice-Arbeitsplätze statt.
Fast die Hälfte der Befragten, deren Betrieb von Hitze betroffen ist, gibt an, dass der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin (eher) keine Maßnahmen zum Schutz vor Hitze ergreift. Gegen die Entgrenzung der Arbeit, die Informationsflut und die ständige Erreichbarkeit ergreifen die Arbeitgeber:innen nach Angabe von zwei Drittel der Befragten zu wenig Maßnahmen, um diese Risiken zu reduzieren. Die Arbeitnehmervertreter:innen fordern ein Nachholen, um die Defizite auszugleichen – inklusive zusätzlicher Ressourcen für die Arbeitsinspektion und strengerer Strafen für Arbeitgeber:innen, die die Gesundheit ihrer Beschäftigten vernachlässigen. (APA/ehs)