Schätzungsweise jede bzw. jeder Neunte ist von Harn- und/oder Stuhlinkontinenz betroffen. Genaue Zahlen fehlen, denn Inkontinenz ist ein Tabuthema. Das wollen das Hilfswerk und die Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) ändern. Sie fordern einen Masterplan Inkontinenz.
„Gegen Inkontinenz kann man nichts tun“, oder: „Eine schwache Blase ist eine normale Alterserscheinung.“ Solche und andere Mythen ranken sich hartnäckig um das Thema Inkontinenz. Richtig ist: Das Risiko einer Inkontinenz steigt im Alter. Ab 80 Jahren ist etwa jeder Dritte von Harn- und jeder Fünfte von Stuhlinkontinenz betroffen. Aber auch 17 Prozent der 40- bis 59-Jährigen und 23 Prozent der 60- bis 79-Jährigen haben eine Form der Blasenschwäche. Der Großteil von ihnen leidet im Stillen: Knapp 70 Prozent waren wegen Harninkontinenz noch nie in ärztlicher Behandlung. „Inkontinenz kostet nicht das Leben, sie kostet Lebensqualität“, bringt es Othmar Karas, Präsident des Hilfswerks Österreich, auf den Punkt. Dabei könnten die richtige Beratung, Behandlung und Unterstützung die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessern.
Dafür sei das Gesundheits- und Pflegesystem derzeit nicht ausreichend ausgestattet – auch, weil valide Daten zum Massenphänomen Inkontinenz fehlen. „Es braucht dringend eine umfassende Studie, um diesen blinden Fleck auf der Versorgungslandkarte zu beseitigen“, fordert Michaela Lechner, Fachärztin für Koloproktologie und Präsidentin der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich. Ebenso wichtig: eine breit angelegte Enttabuisierungs-Kampagne. „Nur, wenn die Menschen bereit sind, über Inkontinenz zu sprechen, haben therapeutische, pflegerische und präventive Bemühungen Erfolg“, so die Fachärztin.
Zentrales Anliegen von MKÖ und Hilfswerk ist daher, Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte fort- und weiterzubilden und für das Thema zu sensibilisieren. Neben dem gezielten Ausbau von Beratung und Versorgung spielt die Prävention eine wichtige Rolle: „Präventionsmaßnahmen können Inkontinenz verhindern bzw. den Krankheitsverlauf verlangsamen. Das führt zu einer besseren Lebensqualität der Betroffenen“, sagt Lechner. (red)