Wie sieht die Zukunft der Elektronischen Gesundheitsakte aus? Im RELATUS-Sommergespräch geben die ELGA-Geschäftsführer:innen, Dr. Stefan Sabutsch und Dr. Edith Bulant-Wodak Auskunft.
Blicken wir zuerst einmal zurück: ELGA sollte ein großes Einsparungspotenzial mit sich bringen. Können Sie das, zehn Jahre nach dem offiziellen Start, noch unterschreiben?
Stefan Sabutsch: Auf jeden Fall. In unserem Finanzierungssystem ist das aber schwer zu beziffern. Wenn sich beispielsweise die Länder über die Spitäler etwas sparen, heißt das nicht, dass das auch im niedergelassenen Bereich passiert. Wir haben hier leider keine verlässlichen Zahlen. Ich kenne Schätzungen, die besagen, dass ein Jahr Vollbetrieb der e-Medikation die Errichtungskosten von ELGA über Vermeidung von Doppelmedikation und Wechselwirkungen sowie deren Folgen einspielen.
Edith Bulant-Wodak: Einsparungen betreffen vor allem die Vermeidung von Mehrfachbehandlungen und Verschreibungen. ELGA soll Ärzt:innen dabei unterstützen einen umfassenden Überblick zu behalten.
Welche weiteren Schritte sind in Sachen ELGA in Zukunft geplant?
Stefan Sabutsch: Es gibt mehrere Schritte, die wir machen müssen, um die Vollständigkeit und Nutzung zu stärken. Wir haben etwa noch nicht alle Gesundheitsdiensteanbieter an Bord – Wahlärzt:innen, Pflegeheime oder private Krankenanstalten. Auch bestehende Anwendungen wie den e-Befund wollen wir ausbauen und neue Anwendungen in Einsatz bringen. Derzeit arbeiten wir am Austausch von Ambulanzbefunden, das passiert erst kleinflächig, in drei Regionen. Hier sind die Krankenanstalten gefragt, denn die Bereitstellung erfolgt freiwillig. Auch wollen wir Bilddaten über ELGA verfügbar machen. Dazu gibt es derzeit fünf Pilotprojekte in Österreich, 2024 soll breiter ausgerollt werden. Auch eine Impfpass-App ist in Planung. Dazu planen wir weitere Projekte wie Labordaten, ambulante Diagnosen, Patientenverfügungen, der Eltern-Kind-Pass und die Anbindung den Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space, EHDS).
Edith Bulant-Wodak: Was derzeit noch in ELGA fehlt, sind Daten aus dem niedergelassenen Bereich. Derzeit verwenden die e-Medikation nur Kassenärzten:innen. Hier sind wir auf einem Weg in Richtung Diagnosendokumentation, wo man mit strukturierten Daten gut weiterarbeiten kann, damit alle ein umfassendes Bild haben.
Ein umfassendes Bild zu haben, war gerade während der Pandemie ein Problem. Daten standen spät oder lückenhaft zur Verfügung. Warum?
Edith Bulant-Wodak: Die Pandemie hat einiges an Rückenwind für ELGA und digitale Vernetzung gebracht. Wir nehmen Vorbehalte von früher jetzt nicht mehr so wahr. Auch Systempartner sehen ELGA als Mehrwert und fordern deshalb auch mehr an Funktionen. Wir haben viele Daten in Österreich. Die Ziele müssen sein: schneller besser und leichter bedienbar. Was fehlt, ist eine neutrale Stelle, die die Daten anonymisiert, zusammenführt und auswertet. ELGA könnte hier helfen. Es wurde erkannt, dass es so eine Stelle braucht. Gespräche gibt es aber momentan nicht. (Das Interview führte Martin Rümmele)