Im Zusammenhang mit Vorwürfen rund um eine Ärztekammer-Tochterfirma zeichnet sich eine leichte Entspannung ab. In der Kammer gibt es personelle Änderungen.
Streitende Lager in der Wiener Ärztekammer wollen nun doch wieder einen gemeinsamen Weg finden. In der Fraktion der „Vereinigung Österreichischer Ärzte“ von Präsident Johannes Steinhart, in der es zuletzt heftige interne Auseinandersetzungen und Rücktrittsaufforderungen gegen Steinhart gab, wurde in einer Sitzung nun ein Versuch der Befriedung gestartet. Ein Abwahlantrag gegen Steinhart als Fraktionsobmann wurde zurückgezogen. Diesen Abwahlantrag hatte der Chef des Hauses der Barmherzigkeit, Christoph Gisinger, für den Finanzreferenten der Kammer, Frederic Tömböl, eingebracht. Er richtete sich sowohl gegen Steinhart als Obmann als auch gegen den Generalsekretär der Vereinigung, den früheren ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Tömböl wollte Steinhart als Fraktionsobmann ablösen. Dazu kam es aber nicht, der Antrag wurde zurückgezogen, wie Rasinger am Freitag im Gespräch mit der APA berichtete.
Stattdessen hat man sich auf eine Willensbekundung verständigt. Mit dieser „Roadmap of peace“ will man nun versuchen, Frieden zwischen den beiden verfeindeten Lagern zu schaffen, erläuterte Rasinger. Am Ende der Sitzung habe man sich sogar wieder die Hände gereicht. Ganz ausgestanden dürfte die Angelegenheit aber noch nicht sein. Für Mittwoch nächster Woche ist eine Vollversammlung der Wiener Ärztekammer angesetzt, wo weitere Diskussionen um die Vorwürfe gegen die Beschaffungsplattform „ÄrzteEinkaufsService – Equip4Ordi GmbH“ (E4O), einer ausgelagerten Tochtergesellschaft der Kurie niedergelassene Ärzte der Wiener Kammer, zu erwarten sind. Ein Abwahlantrag gegen Steinhart als Präsident steht dort aber nicht auf der Tagesordnung.
Auslöser der Querelen waren die Vorwürfe gegen die Beschaffungsplattform E4O. Bei den mutmaßlichen Missständen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs. Die Vorwürfe richten sich gegen die beiden Ex-Geschäftsführer der Einkaufsplattform und einen Mitarbeiter der Wiener Kammer. Alle drei Beschuldigten behaupten, sie hätten auf Weisung beziehungsweise Genehmigung von Steinhart gehandelt, was dieser zurückweist. An die Öffentlichkeit gebracht hatte die Vorwürfe Erik Randall Huber, der Steinhart als Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte nachgefolgt ist. Ein Misstrauensantrag der Vertrauten Steinharts gegen Huber hatte in einer Kuriensitzung vor drei Wochen nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht. Huber kündigte danach aber trotzdem an, sich in einigen Monaten aus freien Stücken aus seiner Funktion zurückzuziehen.
Unterdessen hat die Wiener Ärztekammer in einer Präsidiumssitzung eine andere personelle Weichenstellung und eine Umstrukturierung des Kammeramts vorgenommen. Als neue zweite Kammeramtsdirektorin wurde ab sofort Melody Buchegger-Golabi einstimmig installiert. Ihr wurde die Führung des Kammeramts inklusive der Personalverantwortung übertragen. Der bisherige Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber wird künftig die Wiener Ärztekammer gegenüber der Politik und Systempartnern nach außen vertreten sowie für Lobbying und die Beratung der Funktionär:innen zur Verfügung stehen. Buchegger-Golabi wurde vom Präsidium damit beauftragt, unter anderem auch ein Konzept für die Neuorganisation der Ärztekammer zu erarbeiten. Des Weiteren wurde in der Präsidiumssitzung die bisherige stellvertretende Leitern der Kurie niedergelassene Ärzte Jennifer Panholzer zur leitenden Kurienmanagerin ernannt. Steinhart wies im Rahmen der Präsentation darauf hin, dass sich „die Herausforderungen und Aufgabenbereiche sowie die interne Organisationsentwicklung der Ärztekammer ständig erweitern“ und es daher wichtig sei, die Kammerstruktur auf neue Beine zu stellen. Buchegger-Golabi: „Es ist ein starkes Signal in Richtung aller Frauen, insbesondere aber auch in Richtung der weiblichen Angestellten in der Österreichischen Ärztekammer und allen Landesärztekammern, dass zwei Schlüsselpositionen in der Wiener Ärztekammer erstmals weiblich besetzt wurden.“ (red/APA)