Das mächtigste Gremium des österreichischen Gesundheitswesens, die Bundes-Zielsteuerungskommission hat erstmals eine Therapie auf Basis des Bewertungsboards genehmigt.
Es galt als heftig umstritten und mache Kritiker:innen haben es sogar als „Sterbekommission“ bezeichnet und vor Kürzungen von Medikamenten gewarnt – das neue Bewertungsboard, das eine einheitliche und österreichweite Lösung für neue und teure Medikamente bringen soll. Denn bisher mussten diese jeweils von den einzelnen Spitalsgesellschaften und Spitälern bewertet und finanziert werden. Ein Fleckerlteppich zwischen den Bundesländern war die Folge. Die Regierung von ÖVP und Grünen hat deshalb ein einheitliches Board eingesetzt, dem Kritiker:innen unterstellten, dass es primär dazu diene neue und teure Medikamente abzulehnen.
Am Freitag fiel die erste Entscheidung auf der Basis der Bewertungen – und sie war positiv. Getroffen hat sie die Bundes-Zielsteuerungskommission, die erstmals in der neuen Legislaturperiode zusammengetreten ist. In diesem Gremium koordinieren Bund, Länder und Sozialversicherung ihre Zuständigkeiten und stimmen die Finanzierung gemeinsamer Maßnahmen ab – mit dem Ziel, die getrennte Finanzierung im Gesundheitswesen zu überbrücken und das System weiterzuentwickeln. Neben zahlreichen Beschlüssen wurde die einheitliche Finanzierung der Gentherapie Exa-cel (Exagamglogen-Autotemcel) beschlossen. Exa-cel ist die erste CRISPR-Gentherapie und soll Menschen mit seltenen, vererbten Blutkrankheiten wie Beta-Thalassämie oder Sichelzellkrankheit helfen. Diese Patient:innen leiden oft unter starken Schmerzkrisen und sind auf regelmäßige Bluttransfusionen angewiesen. Eine Stammzelltransplantation kann helfen – doch passende Spender:innen sind nicht immer verfügbar.
Exa-cel geht einen neuen Weg: Aus körpereigenen Stammzellen der Patient:innen wird im Labor genetisches Material gezielt verändert. Die veränderten Zellen werden anschließend zurückgeführt – mit dem Ziel, die Krankheit nachhaltig zu lindern oder zu stoppen. Da diese Therapie sehr kostenintensiv ist, wurde sie im September 2024 als erstes Medikament vom neuen Bewertungsboard für spezialisierte Arzneimittel geprüft. Das Board bewertet auf Basis wissenschaftlicher Daten, ob eine neue Therapie wirksam ist und ob sich der Einsatz im Gesundheitssystem wirtschaftlich rechtfertigen lässt. Dabei werden auch Fachärzt:innen sowie Vertreter:innen von Patient:innenorganisationen eingebunden.
Die Empfehlung war eindeutig, teilt das Gesundheitsstaatssekretariat mit: Für bestimmte Patient:innen bedeute Exa-cel einen echten medizinischen Fortschritt. Die Bundes-Zielsteuerungskommission hat daher beschlossen, dass die Kosten für diese Therapie künftig einheitlich von der Bundesgesundheitsagentur übernommen werden – unabhängig vom Wohnort der Betroffenen. Das bedeutet: österreichweit erhalten künftig alle die gleiche Chance auf diese Behandlung. „Im Rahmen des Healthtechnology Assessement wurde der Budget Impact für Österreich auf Basis des gemeldeten Listenpreises von Exa-cel von 1,9 Millionen Euro errechnet. Dieser beträgt für drei Jahre ca. 47 Millionen Euro, wenn pro Jahr acht Patient:innen mit Exa-cel behandelt werden“, heißt es in der Analyse des Bewertungsboards. Da das vertriebsberechtigte Unternehmen „trotz mehrfacher Aufforderung kein Pay-for-Performance-Modell angeboten hat, das eine Risikoteilung aufgrund fehlender Langzeitdaten ermöglicht hätte“, sei für Exa-cel ist eine bundesweit einheitliche Finanzierungslösung anzustreben, hieß es. (rüm)