Linzer Biophysiker zeigen erstmals mit einem kurzen Film die aktive Struktur, die das Corona-Virus zum Eintritt in die Zellen nutzt. Dabei präsentiert sich das Spike-Protein überraschend dynamisch.
Eine Forschungsarbeit zu einer Idee eines Teams um den Genetiker Josef Penninger, bei der man dem SARS-CoV-2-Virus mittels Lektinen den Schlüssel für menschliche Zellen „verkleben“ möchte, hat zu neuen Videoaufnahmen des Spike-Proteins des Erregers geführt. Lektine sind Proteine, die an die Zuckermolekülstruktur von Antigenen, wie dem Spike-Protein binden können, erklärte Peter Hinterdorfer vom Institut für Biophysik der Universität Linz. Die Idee des Oberösterreichers Penninger, der das Life Sciences Institute (LSI) der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) leitet und auch ein Labor am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien führt, besteht darin, diese Eigenschaft für die Entwicklung eines Medikaments gegen Covid-19-Erkrankungen zu nutzen.
Der Ansatz ist dabei ähnlich, wie bei dem in fortgeschrittener klinischer Erprobung befindlichen Medikament-Kandidaten mit dem Namen „APN01“. Dabei handelt es sich um ein biotechnologisch hergestelltes menschliches Angiotensin Converting Enzym 2 (rhACE2), das ebenfalls an das Spike-Protein bindet. Wird das S-Protein von dem Medikament besetzt, versperrt sich das Tor in die Zelle. In Bezug auf die Lektine ginge das nach vergleichbarem Prinzip vonstatten: Diese besetzen direkt am Spike-Protein neuralgische Stellen und stören so die Bindung des Erregers an die Zellen. „Die Tür wird also dann blockiert, weil der Schlüssel verklebt wird“, sagt Hinterdorfer im Gespräch mit der APA. Das weitverzweigte Team um Penninger hat in der auf der Preprint-Plattform „bioRxiv“ veröffentlichten Arbeit über 140 verschiedene Lektine hergestellt und durchforstet, welche sich besonders als Klebstoff eignen könnten. Und tatsächlich wurden sie fündig. Vor allem die beiden Strukturen mit den Bezeichnungen Clec4g und CD209c entpuppten sich als vielversprechend. Mit biophysikalischen Hightech-Methoden analysierten die Linzer Wissenschafter dann, wie diese Bindung im Detail abläuft. So maßen die Forscher welche Bindungskräfte und wie viele Bindungen zwischen den Lektinen und dem S-Protein auftreten. „Wir haben aber diese Bindung auch gefilmt“, sagte Hinterdorfer. Das an der Universität für Bodenkultur Wien isolierte und von Florian Krammer (Icahn School of Medicine at Mount Sinai, USA) entwickelte Spike-Protein haben die Wissenschafter in einer Lösung an eine Oberfläche geheftet und die Abläufe filmisch festgehalten. „Spektakulär am Video ist, dass man die Dynamik des Spike-Proteins sieht“, so der Forscher. (APA)
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