Während ein SARS-CoV-2 Impfstoff entwickelt wird, sollte man sich schon überlegen, wer ihn zuerst bekommt, erklärte der Wiener Ethiker Matthias Beck bei den Alpbacher Technologiegesprächen. Auch andere Experten warnen.
Beck, der am Institut für Systematische Theologie und Ethik der Uni Wien arbeitet, warnt davor, ein Serum „blitzschnell auf den Markt bringen, ohne die Langzeitfolgen gut abschätzen zu können“. Parallel zur Forschung und Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus müsste man auch die wichtigen ethischen Standards bei der Verteilung diskutieren, sagte Beck bei einem Arbeitskreis zum Thema „Lebenswissenschaften“ in Alpbach. Da man nicht auf einmal Impfdosen für alle 7,8 Milliarden Erdenbürger zur Verfügung haben wird, sollte man vorab klären, wem die ersten Chargen zur Verfügung stehen: Ob das etwa die Menschen in jenen Staaten sein sollen, die am meisten dafür zahlen, oder die Menschen der ärmeren Länder, weil sie bedürftiger sind, oder Ärzte und Krankenschwestern, weil sie bei der Versorgung der Betroffenen zwangsweise mit dem Virus auf Tuchfühlung kommen.“ Vorab sollte man sich auch schon überlegen, was der erste wirksame Impfstoff kosten darf. Er würde zunächst konkurrenzlos dastehen und gleichzeitig dringend gebraucht. Deshalb sei ein fairer Preis möglicherweise nicht selbstverständlich. Außerdem warnt er vor einem voreiligen Einsatz: „Man darf nicht nur sagen, wir brauchen schnell einen Impfstoff, und dabei die langfristigen Auswirkungen vernachlässigen.“
In der COVID-19-Krise sei es augenscheinlich geworden, dass die Forscher- und Expertenlandschaft hierzulande sehr fragmentiert ist, sagte Sylvia Knapp vom Labor für Infektionsbiologie der Medizinischen Universität Wien. Die Politik sollte deshalb Schritte setzen, damit ein „hochqualitatives Zentrum für die Erforschung von Pandemien und Infektionskrankheiten in Österreich die Expertise bündeln und steigern kann“, meinte sie. Dort sollten nebst Lebenswissenschaftern und Virologen auch Public-Health Experten, Juristen und Impfstoffentwickler eingebunden werden. „Deutschland ist uns hier mit dem Robert Koch Institut weit voraus“, sagte die Medizinerin. (APA)