Infektionszahlen und Todesfälle sind nach wie vor hoch; eine breite Durchimpfung der Bevölkerung kann wohl erst im Sommer starten; noch während der Weihnachtsferien droht ein weiterer Lockdown und dennoch wird es wohl eine dritte Welle geben: darauf deuten immer mehr Aussagen von Experten und Politikern hin.
Nach einer Datenbereinigung haben die Behörden in Österreich am Donnerstag für die vergangenen 24 Stunden 218 Covid-19-Tote gemeldet. Seit Beginn der Pandemie gibt es somit österreichweit 4.982 Tote. Ein Rückgang der täglichen Todesfälle und auch der Intensivpatienten ist bisher kaum in Sicht. Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery rechnet trotz eines vorgezogenen Impfbeginns in Deutschland mit harten Corona-Maßnahmen bis ins Frühjahr. „Auch wenn die Impfungen jetzt früher beginnen als erwartet, wird der Effekt nur allmählich zu einer Verbesserung der Lage beitragen. Wir werden mindestens noch bis Ostern mit verschiedenen Lockdown-Maßnahmen leben müssen“, sagt der Vorsitzende des Weltärztebundes in Zeitungsinterviews. Österreichische Mediziner rechnen damit, dass erst am Ende des ersten Halbjahres 2021 mit der Impfung der breiten Bevölkerung begonnen werden kann.
Weltweit kann fast jeder vierte Mensch möglicherweise erst frühestens 2022 gegen Covid-19 geimpft werden. Das meinen Forscher an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in den USA. Hintergrund sei, dass Länder mit weniger als 15 Prozent der Weltbevölkerung mit 51 Prozent mehr als die Hälfte der Dosen für sich beanspruchen, während Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen mehr als 85 Prozent der Weltbevölkerung leben, den Rest unter sich aufteilen müssen.
Doch vorher deutet in ganz Europa noch viel auf eine dritte Welle und auf einen weiteren Lockdown hin. In Norwegen, das im Kampf gegen die Corona-Pandemie vergleichsweise gut dasteht, geht Regierungschefin Erna Solberg davon aus, dass bis Ostern weiter Schutzmaßnahmen in ihrem Land gelten werden. Man müsse darauf vorbereitet sein, dass der Sommer 2021 nicht ganz wie der Sommer 2019 sein wird, sagt Solberg in Medienberichten. Österreichs Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) rechnete am Donnerstag nicht damit, dass die Maskenpflicht im Unterricht noch während des bis Anfang Februar dauernden Wintersemesters aufgehoben werden kann. „So wie ich bisher den Pandemieverlauf beobachtet habe, wäre das schon eine optimistische Sichtweise“, sagte er im Ö1-Morgenjournal. Die zuletzt stark gebeutelten Vorarlberger Krankenhäuser rechnen jedenfalls mit einer dritten Corona-Welle Anfang des Jahres. Man bereite sich bereits darauf vor, die Krise sei nicht vorbei, so die Verantwortlichen der Vorarlberger Spitäler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Im Umland Vorarlbergs würden die Fallzahlen zunehmen – die Situation in der Schweiz und Deutschland sei „besorgniserregend“.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) lässt weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie noch offen. Er wolle dem Gespräch mit den Landeshauptleuten noch nicht vorgreifen, erklärte Anschober am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag. Angesichts der Infektionszahlen und jener der Intensivpatienten soll Freitagabend mit den Landeshauptleuten in einer Videokonferenz über weitere Nachschärfungen diskutiert werden. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte davor die Schließung von Geschäften und der Schulen gefordert, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach sich für eine „Weihnachtsruhe“ aus. Anschober wies darauf hin, dass man seit Wochen täglich über 100 Todesfälle habe und dies sei „deutlich zu viel“: „Ich bin nicht bereit, das hinzunehmen“, so der Ressortchef. (rüm)