Eine etwaige zweite Welle der COVID-19-Pandemie könnte durchaus heftig ausfallen, warnen derzeit zahlreiche Experten. Vor allem für den kommenden Herbst müsse man sich jetzt vorbereiten, lautet die Botschaft.
Eine zweite Welle im Herbst könnte wegen der dann vermutlich breiteren Verteilung des Virus und dem gleichzeitigen Auftreten von Influenzaerkrankungen „auch eine größere Wucht haben“. Das sagte der österreichische Virologe Florian Krammer in einer Video-Diskussion der Universität Linz. Historische Beispiele von Pandemien würden zeigen, dass zweite Wellen im Herbst beziehungsweise Winter durchaus auch stärker ausfallen können. Im Fall des neuen Corona-Virus sei durchaus möglich, dass es durch die Lockerung der Containment-Maßnahmen nicht mehr nur zu lokalen Clustern, sondern zu einer flächigeren Verteilung mit eher wenigen Fällen kommen kann. Nehmen dann die Ansteckungsraten wieder zu, lasse sich die Situation möglicherweise schlechter in den Griff bekommen als das in den vergangenen Wochen bei den Fall-Häufungen etwa in den Skigebieten der Fall war. Gefährlich könnte auch werden, wenn im Winter vermehrt Koinfektionen mit Influenza auftreten. Derartige Fälle habe es bereits gegeben und „sie sind meistens nicht gut ausgegangen“, sagte Krammer, der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) forscht.
Auch Eva Schernhammer, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie der Medizin-Universität Wien, sieht im ORF-Podcast-Interview die Gefahr, dass in dem Moment, in dem eine Krankheit nicht mehr begrenzt auftritt, sondern sich über die ganze Welt verteilt, der Erreger auch nach erfolgreicher lokaler oder regionaler Bekämpfung wieder eingeschleppt wird. „In Österreich ist eine zweite Welle nicht unrealistisch, im Gegenteil: Man muss davon ausgehen, dass sie auf uns zukommen wird“, bestätigt die Medizinerin Aussagen des deutschen Virologen Christian Drosten. Auch Schernhammer hält eine solche zweite Welle für den Herbst für wahrscheinlich: „Es könnte sein, dass uns im Sommer das Wetter dabei unterstützt, das Corona-Virus in Schach zu halten.“ Menschen sind weniger in Räumen, mehr im Freien, wo die Ansteckungsgefahr kleiner sei. „Man weiß zwar noch nicht, wie sich das aktuellen Corona-Virus im Sommer verhalten wird, aber selbst wenn es in den nächsten Monaten sich weniger stark verbreitet: Auf der Südhalbkugel, wo es jetzt kalt wird, wird es aktiv bleiben, und von dort könnte es im Herbst wieder vermehrt zurückkehren.“ Nach den bisherigen Zahlen der akut Infizierten hätten zudem nur wenige Menschen die Krankheit durchgemacht und dadurch Antikörper gebildet. Außerdem wisse man nicht, wie lange die Immunität nach einer Infektion anhält, so die Medizinerin. (APA/red)