Am Freitag wird zum zweiten Mal die Corona-Ampel geschaltet. Erste Details sickerten am Donnerstagabend durch: Es kommt demnach landesweit zu Verschärfungen. Wenig überraschend hat die erste Schaltung bei den von Gelb betroffenen Regionen für Kritik gesorgt. Die Politik versucht nun zu beruhigen, von Experten kommt Lob.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt Verständnis für Landeshauptleute und Bürgermeister, die wegen der ersten Ampelschaltungen empört gewesen sind. Er glaubt aber, dass mit dem Gewöhnungseffekt auch Ruhe einkehren wird, denn: „Das ist kein Zeugnis“, betonte Anschober. Er hob auch hervor, dass die Infektionszahlen für die Ampel-Kommission nur ein Teil der Risikobewertung seien. Nach der ersten Ampelschaltung vergangenen Freitag hatte es Kritik aus jenen Ländern gegeben, wo Gebiete auf Gelb geschaltet worden waren. Er sei überzeugt, dass mit der zweiten oder dritten Schaltung ein Prozess der Normalität einkehren werde. „Wir werden uns dran gewöhnen.“
Die letzte Sitzung sei eine „konstruktive Diskussion“ gewesen, wenn auch teilweise hart geführt, was aus Sicht der Länder auch verständlich sei, erklärte der Vorsitzende der Corona-Kommission, Ulrich Herzog. Letztlich habe es deutliche Mehrheiten für die Entscheidungen gegeben. Die Kommission muss mindestens mit Zweidrittelmehrheit entscheiden. Am Donnerstag fand wieder die wöchentliche Sitzung der Ampel-Kommission statt, am Freitag verkündet die Politik das Ergebnis. Doch schon am Abend sickerten erste Ergebnisse durch. So berichtet die Kronenzeitung, dass die Maskenpflicht landesweit verschärft werden soll. Linz wird auf Grün zurückgestuft, Wien und Graz bleiben auf Gelb, dazu kommen Innsbruck, Korneuburg, Schwaz und Wiener Neustadt. Die Kommission sieht sich für die Bewertung jeweils die Fälle von Mittwoch der Vorwoche bis Dienstagmitternacht an, außerdem auch die volle letzte Kalenderwoche. Neben der reinen Zahlenentwicklung geht es auch um die Übertragbarkeit der Fälle, die Quellensuche (Cluster), Ressourcen der Spitäler und Tests (auch den Anteil der positiven Tests). Was die Städte betrifft, will man laut Herzog nun auch berücksichtigen, dass es eine gewisse Mobilität der Bevölkerung ins Umland gebe.
Für den Komplexitätsforscher Peter Klimek gibt es gute Gründe für die Einstufungen, die vielen Indikatoren machen die Nachvollziehbarkeit aber schwierig. Methodisch sei hier jedoch alles klar, die politische Einordnung allerdings eine andere Sache. Schon seit dem April betreiben Wissenschafter des Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien eine eigens entwickelte Corona-Ampel. Darin sind die positiv getesteten Fälle pro 10.000 Einwohner innerhalb der vergangenen 14 Tage nach Bezirken aufgeschlüsselt, die Entwicklung lässt sich mithilfe einer Zeitleiste im Tagesverlauf verfolgen. „Obwohl wir der Complexity Science Hub sind, hat unsere Ampel wenig mit Komplexität zu tun“, sagte Klimek im Gespräch mit der APA. Im Gegensatz dazu berücksichtigt die Regierungs-Ampel mit Indikatoren zur Kontaktnachverfolgung, zur Anzahl der Tests und zu den Spitalskapazitäten deutlich mehr Informationen. Das sei auf jeden Fall sinnvoll, weil das Infektionsgeschehen so komplex ist, sagt der Wissenschafter. „Grundsätzlich ist im urbanen Raum mit höheren Zahlen zu rechnen, und das bildet sich zunehmend auch in Österreich ab“, betont Klimek. Das liegt etwa an der tendenziell größeren Zahl von Personen in prekären Lebens- und Arbeitssituationen in Städten oder daran, dass bei fallenden Temperaturen sich das städtische Leben nochmals mehr in geschlossene Räume verlegt. (APA/red)