Die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie hält die geriatrische Versorgung für ausbaufähig und stellt konkrete Forderungen.
Mehr als 1,8 Millionen Menschen in Österreich sind 65 Jahre alt oder älter, bis 2050 soll sich diese Zahl verdoppeln. Bis 2050 sollen außerdem 10 Prozent der Bevölkerung 80 Jahre oder älter sein – die medizinische Versorgung dieser Menschen ist laut der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG) allerdings ausbaufähig. Es fehle an einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen und Stakeholdern sowie an strukturellen Präventionsangeboten. Um die Versorgungslage zu verbessern, forderte die ÖGGG im Rahmen einer Pressekonferenz unter anderem die Einführung der Geriatrie als eigenständiges Fach. In den meisten europäischen Ländern ist die Geriatrie laut Regina Roller-Wirnsberger, Kongresspräsidentin des Geriatriekongresses 2024, ein eigenständiges Fach oder ein Sonderfach der Inneren Medizin mit entsprechender Repräsentation an den Medizinischen Universitäten. In Österreich fehle das, das System sei zu „fragmentiert“ und würde Studierende und Jungmediziner:innen erst spät in die Geriatrie holen. Ein Facharzt für Geriatrie könnte das ändern.
Bernhard Iglseder, Präsident der ÖGGG, betonte, dass die Akutgeriatrie sich zwar derzeit im Ausbau befindet, es aber dennoch wichtig wäre, „dass akute Versorgungsstrukturen wie Erstaufnahmen oder Notfallambulanzen gleich zu Beginn Aspekte wie Funktionalität oder Gebrechlichkeit untersuchen“. Die Expert:innen setzen sich darüber hinaus für eine frühe Präventionsarbeit und eine verstärkte Aufklärung von noch jungen Menschen ein, denen oft nicht bewusst sei, dass Bluthochdruck sowie Alkohol- und Nikotinkonsum in jungen Jahren schwerwiegende Auswirkungen in späteren Lebensjahren haben können. Hörgeräte, Sehhilfen und Impfungen sollten außerdem für alle erschwinglich sein, besonders in Anbetracht von Altersarmut – vor allem bei Frauen. Denn: Neben Multimorbidität spielt soziale Isolation eine große Rolle, wenn es um die Lebensqualität älterer Menschen geht. Außerdem dürfen auch Personen mit Migrationshintergrund nicht vergessen werden, hier sollten Forschungsmittel freigegeben werden, denn es brauche mehr Daten und Evidenzen, die den Bevölkerungsschnitt korrekt wiedergeben. Von der Politik wünschen sich die Expert:innen, Best Practice Beispiele nicht nur projektbezogen zu fördern, sondern erfolgreiche Beispiele in strukturelle Prozesse zu implementieren.
Der diesjährige Geriatriekongress mit dem Titel „Geriatrie und Gerontologie – keine Frage des Alters“ findet von 4. bis 6. April an der Universität Wien statt und verspricht Keynotes von internationalen Expert:innen. (kagr)