Die Ärztekammer Wien kritisiert, dass zum Start der Impfsaison Influenza-Impfstoff fehlt. Das Gesundheitsministerium weist das zurück. Diskutiert wird auch über „verschwundene“ Impfdosen aus dem Vorjahr.
Grippeimpfstoffbestellungen im Rahmen des öffentlichen Impfprogramms Influenza sind für Ärzt:innen seit 9. September über den e-Impfshop der Bundesbeschaffungs GmbH (BBG) möglich. Aber schon jetzt gibt es laut Ärztekammer massive Probleme: „Nur zehn Tage nach Bestellstart ist der spezifische Influenza-Impfstoff für Risikogruppen für uns Ärztinnen und Ärzte in den Ordinationen nicht mehr bestellbar, da das Kontingent erschöpft ist“, sagt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer. Antwort aus dem Ministerium: Das liege daran, dass der Impfstoff bereits dort ist, wo er sein soll: in den Ordinationen.
„Viele Patientinnen und Patienten, vor allem Risikogruppen, melden sich in unseren Ordinationen und möchten einen Impftermin im Herbst vereinbaren. Sie können es aber nicht, weil es keinen Impfstoff gibt. Wenn dieses Problem nicht rasch behoben wird, werden sich jene, die sich impfen lassen möchten, abwenden. Sie werden keine kostenfreie Influenza-Impfung in Anspruch nehmen können, um sich bestmöglich zu schützen. Wir haben mehrmals darauf hingewiesen, wo die Probleme in der vergangenen Saison lagen und an welchen Schrauben gedreht werden muss. Die Verantwortlichen haben aber nichts daraus gelernt und setzen damit das Vertrauen der Bevölkerung massiv aufs Spiel“, kritisiert Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzt:innen in der Ärztekammer für Wien.
„Die Panikmache der Ärztekammer ist unverantwortlich“, reagierte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). In manchen Bundesländern sind die Kontingente an Nasenspray-Kinderimpfstoff und an Impfstoff für Senior:innen von den teilnehmenden Ärzten tatsächlich bereits abgerufen worden, hieß es aus dem Ministerium. Das bedeute jedoch nur, dass er in den Praxen bereits zur Verimpfung zur Verfügung steht. Selbstverständlich würden Impfstoff-Kontingente freigegeben, wenn sie in anderen Bundesländern nicht benötigt werden.
Für Aufregung sorgte am Wochenende ein Bericht der „Kleine Zeitung“, wonach laut Ärztekammer 354.000 Grippe-Impfdosen im Vorjahr spurlos verschwunden sein sollen. Bzw. ihr Verbleib unklar ist. „Das ist eine ‚Sauerei‘ erster Güte, denn diese Zahl entspricht 4,86 Millionen Euro an hart verdientem Steuergeld“, reagierte der freiheitliche Gesundheitssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses Gerhard Kaniak. Auch das weist das Gesundheitsministerium allerdings zurück und ortet in der Lücke schlicht fehlende Eintragungen im eImpfpass.
„In der Saison 2023/24 wurden in Österreich insgesamt knapp 1,2 Millionen Influenza-Impfstoffen ausgeliefert. Rund 1 Million stand im Öffentlichen Impfprogramm Influenza zur Verfügung. Laut Herstellerangaben wurden zusätzlich rund 180.000 Dosen über den Privatmarkt verkauft. Im eImpfpass wurden in der Saison 2023/24 rund 826.000 Influenza-Impfungen dokumentiert. Im eImpfpass ist nur begrenzt zuordenbar, ob es sich um Impfstoffe aus dem ÖIP Influenza oder um Dosen vom Privatmarkt handelt“, heißt es auf RELATUS-Anfrage aus dem Ministerium. Durch die verbesserte Logistik sei es in der Saison 2024/25 möglich, genau nachzuverfolgen, von welchen Ärzt:innen oder Einrichtungen wie viele Impfdosen bestellt wurden. „Etwaige Diskrepanzen zwischen Liefermenge und der Zahl der Eintragungen im eImpfpass sind dadurch leicht zu eruieren. Wir haben die Ärztinnen und Ärzte zudem nochmals aufgefordert, die Eintragungen lückenlos vorzunehmen und gegebenenfalls auch Impfungen aus dem vergangenen Jahr nachzutragen.“ (rüm)