Zwei neue Berichte zum Konsum von Drogen und anderen Suchtmitteln wurden diese Woche veröffentlicht. In Österreich gibt es teils bedenkliche Entwicklungen.
Ein hoher gesundheitsschädlicher Alkoholkonsum und eine steigende Nikotinabhängigkeit – die Drogensituation ist in Österreich zwar relativ stabil geblieben, aktuelle Trends deuten aber auf herausfordernde Zeiten hin. Das zeigen der kürzlich veröffentlichte „Epidemiologiebericht Sucht 2023“ und der „Bericht zur Drogensituation 2023“, die sich mit dem Konsum von Tabak, Alkohol und illegalen Drogen in Österreich beschäftigen.
„Im Bereich der Tabakprodukte und verwandten Erzeugnisse ist speziell bei Jugendlichen eine zunehmende Verlagerung der Suchtproblematik hin zu neuen Nikotinprodukten zu verzeichnen“, erklärte Martin Busch, Leiter des Kompetenzzentrums Sucht an der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), bei einem Pressegespräch. Tabakrauchen ist laut Busch die am weitest verbreitete Sucht in Österreich, etwa jede fünfte Person gibt laut Berichten an, täglich zu rauchen – das sind 1,6 Millionen Menschen.
Jugendliche Raucher werden allerdings seltener, was auch daran liegt, dass junge Österreicher:innen vermehrt zu neuartigen Nikotinprodukten wie Nikotinbeuteln greifen. „So rauchen zwar nur vier Prozent der 15-Jährigen täglich Zigaretten, allerdings konsumieren drei Prozent täglich Nikotinbeutel“, berichtete Busch, der vor den Auswirkungen dieses Trends warnte: „Es besteht die Gefahr, dass der Anstieg bei den neuen Nikotinprodukten den Rückgang beim Zigarettenkonsum kompensiert und es künftig wieder mehr Menschen mit Nikotinabhängigkeit gibt.“ Gemäß aktueller Schätzungen sei Tabakrauchen (inklusive Passivrauchen) für 16 Prozent aller Todesfälle verantwortlich. Laut „Befragung zum Substanzgebrauch“ aus dem Jahr 2022 würde mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Raucher:innen „darüber nachdenken“, der Sucht abzuschwören, weitere zehn Prozent hätten schon „konkrete Pläne“. Etwa eine Million Tabakkonsument:innen wollen demnach gar nicht mehr rauchen. „Das birgt ein großes gesundheitspolitisches Potenzial“, betonte Busch, der überzeugt ist, dass man nichts verbieten sollte, sondern Betroffene unterstützen müsse, ihre Ziele zu erreichen.
Beim Alkoholkonsum bleibt Österreich laut der veröffentlichten Berichte „Hochkonsumland“: Rund 15 Prozent der Österreicher:innen trinken in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. „Im europäischen Vergleich liegen wir beim Pro-Kopf-Konsum im obersten Drittel“, sagte Julian Strizek von der GÖG. Männer, bei denen die Gefährdungsgrenze bei 60 Gramm Alkohol pro Tag liegt, zeigen laut den Untersuchungen problematischen Alkoholkonsum ungefähr doppelt so häufig wie Frauen, wo die Grenze schon bei 40 Gramm liegt (19 Prozent gegenüber elf Prozent). Am häufigsten sei ein problematischer Konsum bei 40- bis 70-Jährigen zu verzeichnen. „Doch auch drei bis sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 17 Jahren trinken in einem riskanten Ausmaß“, warnte Strizek. Im längerfristigen Trend sei der problematische Konsum jedoch „tendenziell rückläufig“, ebenso die Zahl Alkohol-assoziierter Erkrankungen und Todesfälle.
„Im Bereich der illegalen Drogen zeigen sich zwar kaum Veränderungen im Konsumverhalten, allerdings ist eine Zunahme tödlicher Überdosierungen und ebenso eine Zunahme des Anteils junger Verstorbener zu beobachten“, fasste Suchtexperte Busch zusammen. Im Jahr 2022 gab es 248 „drogenbezogene Todesfälle“, 2014 waren es 122 Verstorbene. Vor 2014 war ein Rückgang zu verzeichnen, 2009 waren es mit 206 noch deutlich mehr Todesfälle als fünf Jahre später. Ebenso gestiegen ist der Anteil der Verstorbenen unter 25 Jahren an allen Überdosierungen – von 18 Prozent im Jahr 2018 auf aktuell 27 Prozent. Mögliche Ursachen sind laut Busch Nachwirkungen der Pandemie, die suchtkranke Menschen besonders getroffen hätte, oder dass die Reinheit der Substanzen steigt, was das Risiko für Überdosierungen erhöht. Die in Österreich am häufigsten eingenommene illegale Substanz sei Cannabis. Bei den „risikoreichen“ illegalen Drogen seien Opium-Substanzen (Opioide) wie Heroin dominant, weit verbreitet und besonders gefährlich sei hier der Mischkonsum. Etwa 35.000 bis 40.000 Menschen in Österreich sind laut Berichten opioidabhängig, über die Hälfte davon in Behandlung, erklärte Busch, der in diesem Zusammenhang die Arbeit der Suchthilfe und ähnlicher Angebote lobte. Man müsse die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Suchtmittel gut im Auge behalten. Die Berichte wurden im Auftrag des Gesundheitsministeriums und der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht erstellt. (kagr/APA)
SERVICE: Epidemiologiebericht Sucht 2023
Bericht zur Drogensituation 2023