Großer Reformbedarf bei sexueller Bildung

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Neue Richtlinien sollen Sexualpädagogik an Schulen absichern. Expert:innen begrüßen den Schritt – fordern aber weitreichende Reformen. 

In Österreich gibt es neue Richtlinien zur Qualitätssicherung schulexterner sexualpädagogischer Angebote. Erstellt wurden sie von einer Geschäftsstelle, die im Auftrag des Bildungsministeriums eingerichtet wurde, als Reaktion auf den Skandal rund um den Verein „TeenSTAR“, der Sex vor der Ehe propagierte und Homosexualität als heilbar darstellte. Künftig müssen alle externen sexualpädagogischen Angebote vor der Aufnahme in den Schulpool bewertet und geprüft werden. Die Plattform Sexuelle Bildung (PSB), das Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC), die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF), THE RAIN WORKERS, das feministische Netzwerk WIDE und andere sehen darin einen überfälligen Schritt – betonen jedoch, dass der Reformbedarf weiterhin hoch ist. 

Aktuelle Daten belegen den Handlungsdruck: Laut WHO-Bericht geben 30 Prozent der Jugendlichen an, beim letzten Geschlechtsverkehr weder Kondom noch Pille verwendet zu haben. Der Kondomgebrauch nimmt seit 2014 ab. Auch der österreichische Gendergesundheitsbericht 2025 zeigt: 72 Prozent der Jugendlichen möchten mehr über sexuelle und reproduktive Gesundheit lernen. „Sexuelle Bildung hat eine wichtige Schlüsselfunktion für die Prävention von sexueller Gewalt, sexuell übertragbaren Infektionen/Krankheiten und ungewollten (Teenager-)Schwangerschaften […]“, erklärt Nadja Schuster vom VIDC. Sie betont außerdem die Rolle von Sexualpädagogik für mehr Akzeptanz und Inklusion. 

Die unterzeichnenden Organisationen fordern unter anderem, Sexualpädagogik verpflichtend in die Grundausbildung von Lehr- und Elementarpädagog:innen zu integrieren. Standards für Aus- und Weiterbildung sollen auf Basis des Grundsatzerlasses von 2015 und der WHO-Richtlinien von 2011 definiert und extern überprüft werden. Angebote müssten diskriminierungsfrei, rassismuskritisch und menschenrechtsbasiert sein. Auch Elternbildung, Medienkompetenz und jugendgerechte Online-Angebote sollten Teil des neuen Konzepts werden. „Wir sehen in unseren Einsatzgebieten im Globalen Süden die Wichtigkeit von qualitativ hochwertiger und standardisierter Wissensvermittlung […]“, sagt Ines Kohl von THE RAIN WORKERS. Sexualpädagogik müsse als Querschnittsmaterie in der internationalen Zusammenarbeit verankert werden – für eine aufgeklärte, selbstbestimmte Gesellschaft weltweit. (kagr)