Das neue Gutachten des Gesundheitsministeriums, das das Sparpotenzial durch die Kassenfusion analysiert und „Relatus Med“ vorliegt, sorgt weiter für Diskussionen. Die Autoren fordern unter anderem die Generaldirektoren aufzuwerten, um die „Handlungsfähigkeit“ der Gremien sicher zu stellen. Grund ist die scheinbar unsinnige Rotation der Obleute. Da diese derzeit im Dauerkonflikt liegen, bekommt die Meinung der Gutachter noch mehr Gewicht.
Das „Betriebswirtschaftliche Gutachten zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit der Sozialversicherungs-Strukturreform“ birgt trotz der Kürze von 29 Seiten kräftig Sprengstoff. WU-Professor Univ. Prof. Dr. Werner H. Hoffmann fordert unter anderem, dass die Generaldirektoren der neuen Österreichischen Gesundheitskasse und des zum Dachverband verschlankten Hauptverbandes aufgewertet werden. „Aufgrund der häufigen Rotation der Vorsitzenden in den Verwaltungsräten und der eingeschränkten zeitlichen Verfügbarkeit der in diesen Gremien vertretenen Funktionäre, ist es zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Institutionen erforderlich, die operative Geschäftsführung weitgehend an die „Büroebene“ zu delegieren.“ Besonders wichtig erscheint dem Autor in diesem Zusammenhang die Sicherstellung der Koordinations- und Steuerungskapazität des Dachverbands („Hauptverband neu“) nach innen und seiner Kommunikationskraft und Lobbyingstärke nach außen. „Die häufige Rotation des Vorsitzenden auf Funktionärsebene wird v.a. die Vertretung der Sozialversicherungsinteressen nach außen erschweren, weil quasi „das Gesicht“ bzw. „die Stimme“ der österreichischen Sozialversicherung häufig wechselt. Um die damit einhergehenden potenziellen Effektivitätsnachteile zu vermeiden, empfiehlt sich im Dachverband die Aufwertung des „Büroleiters“ zu einer Art „Generalsekretär“, der nach innen Gesamtsysteminteressen gegenüber Partikularinteressen durchsetzen und auch nach außen artikulieren und wirksam vertreten kann.“
Das Gutachten sorgt indes auch für Kritik. Andreas Huss, Vizeobmann im Überleitungsgremium der ÖGK und künftiger Vizeobmann, wettert auf Facebook: „Auf 29! Seiten (zur Erinnerung die LSE Studie von Alois Stöger hatte 1.500 Seiten) präzise zu analysieren wie im Sozialversicherungssystem pro Jahr 300 Mio. Euro einzusparen sind, ist gelinde gesagt schon unseriös.“ Wenn aber dann festgestellt werde „das ist nur dann möglich wenn das Management funktioniert, heißt das aus Sicht des Autors: wenn das Potential nicht gehoben wird war eben das Management schuld und nicht mein Gutachten (gehts noch?).“ Dem Vernemen nach hatte das Gutachten allerdings primär das Ziel, dem Verfassungsgerichtshof, der die Kassenreform auch im Hinblick auf die von der ehemaligen Regierung versprochenen Einsparungen prüft, Argumente für die Reform zu liefern. Ex-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte Einsparungen in der Höhe von einer Milliarde versprochen. Die Studie bestätigt das weitgehend. (rüm)