Während die Steinhart-Kritiker weiter mobil machen, kommt heftige Kritik vom Gesundheitsminister und den Präsidenten der Landesärztekammern am Streit in Wien.
Nachdem drei Mitglieder des Präsidiums und der Finanzreferent der Wiener Ärztekammer wie berichtet den Präsidenten Johannes Steinhart zum Rücktritt aufgefordert haben, haben sie am Mittwoch nachgelegt: eine neue „Ärzt*innenkoalition Wien“, bestehend aus kleinen Kammerfraktionen, die bisher teilweise mit Steinharts „Vereinigung“ in einer Koalition waren, und den Steinhart-Kritikern fordert Steinhart ebenfalls zum Rücktritt auf. Steinhart wiederum wird nun auch vom Team Szekeres Wien, der Wahlgemeinschaft Ärzte für Ärzte – Wiener Mittelbau, sowie der Wahlärzte Wien Plus unterstützt. Die Folge: eine Pattsituation. Die Kritiker haben zwar keine Mehrheit, können aber Beschlüsse blockieren. Genau das wirft ihnen nun Steinhart vor. Sie hätten durch ein Verlassen der jüngsten Vorstandssitzung Beschlüsse wie die Vergabe von Kassenstellen und die Senkung der Kammerumlage blockiert. Konter der „Ärzt*innenkoalition Wien“: man habe verhindert, dass Finanzreferent Frédéric Tömböl, ein Präsidiumsmitglied, „aus dem Hinterhalt“ abgewählt werde.
So unübersichtlich die Situation ist, so hart sind die Kritik von außen: „Werte Kollegen des Präsidiums der Ärztekammer Wien! Tief erschüttert über die Art und Weise, wie derzeit die Wiener Landesärztekammer einen Streit in der Öffentlichkeit austrägt, erlauben wir uns als Präsidenten der übrigen Landesärztekammern Sie aufzufordern, Ihr Verhalten zu reflektieren und zu überdenken“, heißt es in einem Schreiben von sieben Länderpräsidenten. Nicht dabei, der Salzburger Karl Forstner, der zuletzt Steinharts Rücktritt gefordert hatte und am Donnerstag einen eigenen Brief nach Wien schickte. Der Inhalt unterscheidet sich allerdings nicht vom anderen Brief: „Kehren Sie zurück zur politischen Arbeit und lassen Sie die demokratischen Gremien ihre Sacharbeit leisten“, fordern die sieben Landespräsidenten, die keine Parteistellung beziehen wollen: „Weder können wir beurteilen, was von der öffentlichen Vorverurteilung von Präsident Steinhart letztendlich gerichtlich bestätigt wird. Noch können wir beurteilen, welche der kolportierten Missachtungen der Geschäftsordnung in den Sitzungen tatsächlich rechtlich inkorrekt waren.“ Mit dem über die Öffentlichkeit ausgetragenen Streit werde jedenfalls der Reputation aller Österreichischen Kammern und dem Ansehen der gesamten Ärzteschaft immens geschadet.
Das sieht auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) so. Er appelliert an alle Beteiligten, „zur Vernunft zurückzukehren“. Er hoffe, dass „die Gesprächsfähigkeit wiederhergestellt wird“, sieht der Minister diese derzeit ob der chaotischen Zustände offenbar nicht gegeben, betonte Rauch im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Mittwoch. Er rief die Ärztekammer dazu auf, den Konflikt in ihren Reihen ausräumen – „weil ich schon mittlerweile finde, dass eine Standesvertretung auch darauf achten muss, welches Bild gibt sie nach außen ab“, richtete der Minister aus. Er appelliere an alle Parteien – und da gebe es inzwischen viele, „man verliert leicht den Überblick, wer jetzt gerade aktuell wen geklagt hat“ – die Gesprächsbasis zueinander wieder herzustellen, meinte Rauch. „Wir brauchen die Ärztekammer als Standesvertretung, auch als Verhandlungspartner“ in vielen Materien. (rüm)