Das Klima zwischen Ärzten und Apothekern trübt sich auf standespolitischer Ebene massiv ein. Es geht um Hausapotheken und die Frage, wer wen wie versorgen soll.
Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, zeigte sich am Wochenende schockiert über einen seiner Ansicht nach „unqualifizierten Vorstoß“ der steirischen Ärztekammer. Er ortet einen „Hauruck-Vorstoß“ der Ärztekammer rund um Notabgabestellen für Arzneimittel bei praktischen Ärzten. „Das österreichische Gesundheitssystem kann nur funktionieren, wenn Ärzte und Apotheker gemeinsam und nicht gegeneinander die Gesundheitsversorgung sicherstellen“, erklärt Rehak: „Der Vorstoß der steirischen Ärztekammer, mehr Notabgabestellen für Arzneimittel in Arztpraxen einzurichten, ist weder sinnvoll noch zielführend und geht an einer guten Arzneimittelversorgung für Österreich komplett vorbei. Für uns ist klar – die Bevölkerung braucht Arzt und Apotheker und nicht Arzt oder Apotheker“, betont Rehak.
Hintergrund ist ein Schreiben der Ärztekammer an Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl. Darin werden drei konkrete Gesetzesänderungen zur Sicherstellung der Medikamentenversorgung in kleineren Gemeinden vorgeschlagen: Die Möglichkeit zur Führung einer ärztlichen Hausapotheke sollte nicht an starre Entfernungsvorgaben gebunden sein, sondern sich vielmehr an den konkreten Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren, fordern die Ärzte. „Dazu ist es notwendig, dass jede Ein-Arzt-Gemeinde mit einer ärztlichen Hausapotheke – unabhängig von den derzeit bestehenden Kilometergrenzen – ausgestattet werden kann.“ Weiters sollte es beim Übergang einer Planstelle von einem Arzt zum anderen nicht mehr möglich sein, Konzessionsanträge für eine öffentliche Apotheke zu stellen, die zur Schließung einer ärztlichen Hausapotheke führen. Zudem soll der Notfallparagraph 19a Abs. 2 Apothekengesetz, der vorsieht, dass bei einer öffentlichen Apotheke ohne Konzession die Aufrechterhaltung des Betriebes dieser Apotheke mit Rücksicht auf den Bedarf der Bevölkerung für einen angemessenen Zeitraum möglich ist, in Analogie auch für Hausapotheken gelten.
Rehak dazu: „Die zusätzlichen Genehmigungen von ärztlichen Notabgabestellen für Arzneimittel dienen primär dazu, Lücken auf der Landkarte zu schließen, dort wo es keine Apotheke gibt.“ Nachsatz: „Wenn es stimmt, dass praktischen Ärzte im ländlichen Raum aus wirtschaftlichen Gründen Arzneimittel verkaufen müssen, dann sollten die Sozialversicherung und die Ärztekammer dafür sorgen, dass ihre Vertragsärzte von der ärztlichen Leistung leben können.“
Zu sehen ist die Entwicklung aber auch vor dem Hintergrund der Debatte über Lieferengpässe bei Medikamenten. Hier fordern die Apotheken wie berichtet, dass sie künftig bei ärztlichen Rezepten auch gleichwertige Produkte abgeben können, wenn die gewünschten Medikamente nicht lieferbar sind. In der Bundesärztekammer wiederum ist daraufhin das Wort „Kriegserklärung“ gefallen. Und man schlägt vor, alle Ein-Arzt-Gemeinden mit Hausapotheken auszustatten, wenn die Versorgung über Apotheken nicht funktioniere. (rüm)