Ein Wirtschaftskammer-Entwurf für die Krankenordnung der ÖGK sorgt für Debatten. Dienstgeber sollen Überprüfungen anordnen können. Die Ärzte fürchten eine Aushöhlung des Arztgeheimnisses.
Die Wirtschaft will Verschärfungen bei Krankenständen der Arbeitnehmer. Beschlossen werden könnten diese schon am nächsten Dienstag im Überleitungsausschuss für die mit 1. Jänner aus den neun Gebietskrankenkassen entstehende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK). Geplant ist offenbar, dass es bei Missbrauchsverdacht künftig einen Anspruch des Dienstgebers auf eine Prüfung des Gesundheitszustandes geben soll. Derzeit hat der Dienstgeber nur die Möglichkeit, die Durchführung einer Kontrolle des Dienstnehmers durch die Kasse anzuregen. Die Gewerkschaft und die Ärztekammer zeigen sich alarmiert.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Barbara Teiber kritisiert unter anderem, dass die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit nach den Vorstellungen der Wirtschaft nicht nur den Beginn, sondern auch die voraussichtliche Dauer und die Ursache des Krankenstandes sowie die ärztlich angeordneten Ausgehzeiten und Bettruhe beinhalten soll. Die Ärztekammer warnt davor, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient dadurch nachhaltig unterminiert wird. Die Beibehaltung des Arztgeheimnisses sei Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche ärztliche Behandlung, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Insbesondere die Bekanntgabe der Ursache des Krankenstands stößt auf heftige Kritik seitens der Ärztekammer. Szekeres führte vor allem psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen oder auch Burn-out an, deren Bekanntwerden beim Dienstgeber negative Folgen für den Dienstnehmer haben könnte. Es sei zu befürchten, dass Patienten ihre Beschwerden zukünftig verheimlichten und damit wertvolle Behandlungszeit verlieren könnten.
Der Ärztekammer-Präsident räumte zwar ein, dass nach derzeit vorliegenden Entwürfen unter Krankheitsursache vorerst nur die Unterscheidung zwischen „Arbeitsunfall“, „Berufskrankheit“ oder einer „sonstigen Arbeitsunfähigkeit“ vorgesehen ist. „Von einer ersten Lockerung des Arztgeheimnisses bis hin zu einer exakten Diagnosestellung ist der Weg dann aber nicht mehr weit“, sagt Szekeres. Ebenso wenig nachvollziehbar ist für ihn, warum der Dienstgeber zukünftig eine Überprüfung des Krankenstands anordnen können soll. Schon derzeit gebe es seitens der Krankenkassen genügend Möglichkeiten der Kontrolle im Verdachtsfall. Eine zusätzliche Überprüfungsbefugnis seitens des Dienstgebers würde nur den Druck auf die Arbeitnehmer erhöhen. Die Vertraulichkeit des Arzt-Patienten-Gesprächs sei ein hohes Gut und müsse unter allen Umständen gewahrt bleiben, meint Szekeres.
Der Wirtschaftsbund der ÖVP kann die Aufregung hingegen nicht nachvollziehen. Ziel sei es, stärker gegen den Missbrauch von Krankenständen vorzugehen. Hier gehe es um Fairness gegenüber Arbeitskollegen und den Versicherten. Deshalb solle die ÖGK am kommenden Dienstag damit beauftragt werden, eine Analyse zum Missbrauch von Krankenständen durchführen. Darauf aufbauend sollen Maßnahmen beraten werden. (red)