Die Situation ist paradox: Trotz einer Rekordmenge an Influenza-Impfstoffen könnte es heuer erstmals zu einer Impfstoffknappheit kommen. Pharmaunternehmen und Ärztevertreter orten vor allem ein Verteilungsproblem.
Bei der Influenza-Impfung könnte es in der beginnenden Grippesaison zu einer Impfstoffknappheit kommen. Die Impfbereitschaft ist „sehr groß“, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz des Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Derzeit verfügt Österreich demnach über die Rekordmenge von 1,86 Millionen bestellten Dosen. Damit soll die Durchimpfungsrate von 8,5 auf mehr als 20,99 Prozent gesteigert werden. „Wir wissen, dass es noch Impfstoffe gibt“, betonte ÖVIH-Präsidentin Renee Gallo-Daniel. An einigen Stellen seien jedoch keine mehr vorhanden. Auf Initiative des Gesundheitsministeriums wurde nun eine Schnittstelle eingerichtet, wo Hersteller, Großhandel und der öffentliche Bereich verknüpft sind, um gegebenenfalls sicherzustellen, „dass es eine Umverteilung gibt“, sagte Maria Paulke-Korinek, die Leiterin der Abteilung für Impfwesen im Gesundheitsministerium.
In der Vergangenheit habe es zudem auch bei anderen Impfungen immer wieder die Situation gegeben, dass von Engpässen bei Impfstoffen berichtet wurde, und sich das später als falsch herausgestellt habe. Übrig gebliebene Dosen mussten dann sogar vernichtet werden. „Derzeit weiß niemand genau, wer wie viel bestellt hat“, kritisierte Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferats der Ärztekammer (ÖÄK). „Die Probleme liegen weniger in einer zu geringen Bestellmenge, sondern in der Verteilung“, sagte er. Der ÖÄK-Experte sah vor allem ein Föderalismus-Problem in der Verteilungslogistik. Zudem habe der niedergelassene Bereich zu wenig Impfstoffe zugeteilt bekommen. Die Industrie verspricht aber Abhilfe: „Es ist geplant, dass hier laufend in den nächsten Wochen noch Impfstoffe nachkommen“, berichtete Gallo-Daniel: „Um eine Situation wie heuer zu vermeiden, brauchen wir für die Zukunft eine bessere Planung gemeinsam mit allen Playern, das heißt von der öffentlichen Hand über die Apothekerkammer bis hin zu den Großhändlern. Festgelegt werden müssen unter anderem konkrete Impfziele, Abnahmemengen und Distributionsmaßnahmen.“
Die Antwort auf die Frage, ob die Impfung etwas bringt, ist „eindeutig ja“, sagte Christoph Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung an der Klinik Favoriten (Kaiser-Franz-Josef-Spital) in Wien. Sie schütze bei einer Grippe-Infektion vor einem schweren Verlauf und senke das Sterblichkeitsrisiko durch Herzversagen oder Herzinfarkt deutlich, geimpfte Asthma-Patienten landen zudem seltener im Spital. Schwangere haben zwölf Prozent weniger Sterblichkeit, 27 Prozent weniger Totgeburten und 50 Prozent weniger Missbildungen bei den Kindern, berichtete er. „Ich habe viele Hunderte Menschen mit diesen Erkrankungen gesehen“, sagte Wenisch. Wenn man das sieht, sei ein Vertrauen in die Impfung „blitzartig hergestellt“, sagte er. (red)