Dienstag ist Tag der Inklusion – am Montag haben Lebenshilfe, Behindertenrat und Behindertenanwaltschaft die fehlende Einbindung von Menschen mit Behinderung bei den in der Corona-Krise erlassenen Maßnahmen beklagt.
In den Krisenstäben seien Menschen mit Behinderung nicht vertreten, so die Kritik. „Seit sieben Wochen laufe ich der Politik nach“, kritisierte Herbert Pichler, Präsident des Behindertenrates. Gehör bekomme er keines. Pichler forderte seitens der Politik einen „Plan B“, denn „Plan A“ bedeute „wegsperren“. Etwa müsse geklärt werden, wann Angehörige der Risikogruppe wieder in die Schule gehen können und wie dafür ausreichend Schutzmaßnahmen wie Masken, Schutzmaterial, Desinfektionsmittel sichergestellt werden können. Im Bildungsministerium werde er diesbezüglich aber seit Wochen nur an die allgemeine Hotline verwiesen. Auch habe man bei der Änderung des Epidemiegesetztes auf Menschen mit Behinderung vergessen, was die Ausnahmen für die Teilnahme an Veranstaltungen betrifft.
Dass es keine bundeseinheitliche Regelung für die Finanzierung von Trägerorganisationen im Behindertenbereich gibt, sei „teilweise existenzbedrohend“, betonte Georg Willeit, Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol und Vizepräsident der Lebenshilfe Österreich. Dabei gehe es zunächst darum, die budgetierten Gelder zu erhalten, von der Abdeckung des entstandenen Mehrbedarfs rede man gar nicht, so Willeit: „Wir werden zu Bittstellern degradiert.“ Kaum ein Bundesland sei auf die Trägerorganisationen zugegangen. Auch brauche es bundeseinheitliche Regelungen, wie Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus betreut werden, sollte es zu einer Infektion kommen, erläuterte Willeit. Wer darf die Menschen begleiten, wie schauen die Rahmenbedingen für etwaige Isolierstationen aus, kann man seine Bezugsperson mitnehmen, dies seien alles offene Fragen. Was den Arbeitsmarkt anbelangt, werde die Krise zu einer Verschärfung der Bedingungen für Behinderte führen. Die Regierung müsse daher ein Anreizsystem schaffen. Etwa könnten über den Inklusionsfonds Arbeitsmarktanreize geboten werden, sagte Behindertenanwalt Hansjörg Hofer.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte in einem Facebook-Beitrag, dass „Menschen mit Behinderungen durch die Coronakrise noch stärker als andere betroffen“ sind. Wesentlich sei, sie in die Vorbereitung von Maßnahmen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, einzubinden. „Das wollen wir in Zukunft verbessern.“ Um als starke Gesellschaft niemanden zurückzulassen und die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen nachhaltig zu verbessern, brauchte es gelebte Inklusion. Die strukturellen Rahmenbedingungen dafür in Österreich zu verbessern, sei eine wesentliche politische Aufgabe. „Um in dieser Situation gezielt zu unterstützen, wurden daher vom Sozialministerium Maßnahmen, wie Übernahme der Lohnkosten bei Kurzarbeit, gesetzt. Inklusion erfordert aber mehr. Inklusion braucht das Commitment und die Einsatzbereitschaft aller.“ (red/APA)