Rund 2,8 Millionen Menschen haben in Österreich eine chronische Erkrankung. Mit dem Alter steigt der Anteil chronisch Kranker an der Bevölkerung stark an, hieß es am Mittwoch bei einem Online-Symposium der Österreichischen Gesundheitskasse.
„Lebenswelten chronisch kranker Menschen im Spannungsfeld der Sektoren“, lautete der Titel des virtuellen Symposiums des Competence Center Integrierte Versorgung der ÖGK. Integrierte Gesundheitsversorgung ist jedenfalls ein derzeit höchst aktuelles Schlagwort, in dessen Zusammenhang so unterschiedliche Bereiche und Einrichtungen wie Primärversorgungszentren, Schnittstellenmanagement oder Disease Management Programme genannt werden. Von zu großen Erwartungen sollte man aber Abstand nehmen und Ursache und Geschichte eines großteils fragmentierten Gesundheitswesens berücksichtigen, sagte Peter Berchtold, der sich an der Universität Bern dem Management von Medizin in Organisationen des Gesundheitswesens widmet. „Es ist praktisch nicht möglich, ‚die‘ integrierte Versorgung zu definieren.“ Zu viele Erwartungen würden zusammenkommen: reine Effizienzsteigerung sei oft kontraproduktiv, optimale interprofessionelle Zusammenarbeit von Spezialisten schwer zu erreichen.
Das hat laut dem Schweizer Experten historische und faktische Gründe: „Die Leistungserbringung ist von Professionalität und rigider Arbeitsteilung geprägt. Die Gesundheitsversorgung ist im Kern und in ihren Grundsätzen fragmentiert und muss es sein. Der Normalzustand des Gesundheitssystems ist die Fragmentierung.“ Sonst könnte man nicht hoch effizient und mit jeweils höchster Qualität standardisierte Leistungen erbringen. Die Schichtung vom Hausarzt bis zum Spezialisten an einer Universitätsklinik, die Unterteilung in Allgemeinmedizin bis hin zu höchst spezialisierten Ambulanzen und stationärer Aufnahme von Patienten, die Beteiligung der verschiedensten Gesundheitsberufe von Therapeuten, Pflegepersonal und Ärzten sowie Angehörigen der Sozialberufe – all das ist auch notwendig.
Doch auch chronisch Kranke sind nicht eine Gruppe. Innerhalb der Menschen mit lang andauernden beziehungsweise nicht mehr heilbaren belastenden Erkrankungen muss ebenfalls differenziert werden, stellte Regina Roller-Wirnsberger, Spezialistin für Geriatrie, engagiert in der Österreichischen Plattform für interdisziplinäre Alternsfragen (ÖPIA), fest: „Grundsätzlich gibt es chronisch Kranke mit einer Erkrankung und Multimorbide.“ Schon bei diesen beiden Untergruppen sollte die Versorgung unterschiedlich ablaufen und organisiert werden. (red/APA)