Deutsche Intensivmediziner rechnen für Herbst und Winter wieder verstärkt mit Menschen mit diversen Atemwegserkrankungen. Grund sind Lockerungen der Corona-Maßnahmen.
„Durch das Tragen von Masken und die anderen Regeln war die Zahl der Patienten mit Grippe und anderen viralen Krankheitserregern während der Corona-Zeit verschwindend gering“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx. „Wir befürchten, dass dieser positive Effekt nun verschwinden wird und wir zu den potenziellen Corona-Patienten zwischen Oktober und März auch die anderen Patienten mit viralen Erkrankungen betreuen werden.“ Die Patientenzahlen seien schwer einzuschätzen, auch vor der Corona-Zeit schwankten die Werte von Saison zu Saison. „Aber klar ist, dass Grippe- und Covid-19-Patienten unter Umständen die gleichen Therapien brauchen, zum Beispiel die künstliche Lunge.“ Die Beatmungskapazität in Deutschland sei im internationalen Vergleich sehr gut, aber jede Kapazität habe ihre Grenzen.
Ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlauf von Grippe haben laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) unter anderem ältere Menschen und solche mit bestimmten Grundkrankheiten oder schwerer Fettleibigkeit. Außerdem erhöhe eine Schwangerschaft, vor allem im fortgeschrittenen Stadium, dies Risiko. Auch das RKI mahnte kürzlich in einer Herbst-Winter-Strategie für die stationäre und ambulante Versorgung eine frühzeitige Vorbereitung „auf ein verstärktes Krankheitsgeschehen“ ein, „auch angesichts der zusätzlich zu erwartenden Belastung durch akute Atemwegsinfektionen“, die in der Saison 2020/21 nicht in der Bevölkerung zirkuliert seien. Genannt wird neben der Grippe auch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), ein weltweit verbreiteter Erreger, der laut RKI einfache Atemwegsinfektionen, aber auch schwere Erkrankungen auslösen kann. (red/APA)